Internationales Brucknerfest 2014 in der Tabakfabrik Linz

Insgesamt fünf Produktionen des Internationalen Brucknerfests 2014 finden in den atmosphärischen Räumen der mit rund 80.000 m² überdachter Nutzfläche gesegneten Tabakfabrik Linz statt:

Die Uraufführung der Kammeroper Alea, ein Auftragswerk für das Internationale Brucknerfest 2014 von Michael Hazod.

Die Oper „Ulenspiegel“, die Ausstellung „Swing tanzen verboten“ inklusive Konzert, der Liederzyklus „Verbotene Klänge“ und das Konzert „Sinnlichkeit und Aufbegehren“ werden alle von EntArteOpera realisiert.

EntArteOpera ist als mehrjähriges Opernprojekt konzipiert, das sich zur Aufgabe macht, Werke so genannter „Entarteter Musik“ auf die Bühne zu bringen. Opern von Komponisten, die durch den Nationalsozialismus verfolgt, ins Exil getrieben, ermordet wurden. Opern, die auch nach dem zweiten Weltkrieg weiter aus der Erinnerung gelöscht blieben. Opern im Spiegel der persönlichen Konflikte eines reflektierenden, kritischen Künstlers. Die Auseinandersetzung mit einer Zeit zwischen den Umbrüchen der Jahrhundertwende und dem politischen Abgrund, der geschichtlichen Katastrophe, in welchem Kontext diese Werke entstanden sind, ermöglicht dem Projekt und damit dem Zuschauer die Reflexion über Wechselwirkung und parallele Zusammenhänge bis in die Gegenwart.
EntArteOpera möchte Opern für das Publikum wieder entdeckbar machen, die in Österreich z.T. seit ihrer Uraufführung nicht mehr zu sehen waren, und die es sowohl durch ihre großartige Musik als auch durch ihre im Kontext der Zeit interessanten Geschichten wert sind, auf die Bühne gebracht zu werden.

EntArteOpera Ausstellung

„Ulenspiegel“

Oper von Walter Braunfels in 3 Aufzügen

Musik und Libretto von Walter Braunfels, nach einem Roman von Charles de Coster

 

Musikalische Leitung // Martin Sieghart

Inszenierung // Roland Schwab

Ausstattung // Susanne Thomasberger

Orchester // Israel Chamber Orchestra

Till Ulenspiegel // Marc Horus

Nele // Christa Ratzenböck

Chor // EntArteOpera unter der Leitung von Franz Jochum

Premiere //  10.9.2014   19:00// Tabakfabrik Linz

In Kooperation mit dem Internationalen Brucknerfest Linz 2014

Weitere Vorstellungen: 12.9., 14.9., 16.9.

 

Ulenspiegel

 

Die Oper „Ulenspiegel“ von Walter Braunfels ist das zweite Projekt von EntarteOpera und dem Internationalen Brucknerfest nach Franz Schrekers Schatzgräber im vergangenen Jahr.

EntarteOpera ist eine Initiative von Martin Sieghart und Susanne Thomasberger und setzt sich zum Ziel Werke wieder auf die Bühne zu bringen, die im Nationalsozialismus nicht aufgeführt werden durften und in den meisten Fällen vergessen wurden.

Abgesehen von einem  oft entscheidenden Einschnitt in der Musikgeschichte des 20 Jahrhunderts – außermusikalische Parameter wurden zur Maxime für die Rezeption von Musik gemacht – ist es gleichzeitig auch der Versuch Geschichte – und nicht nur die der Musik – aufzuarbeiten. Österreich hat sich bis Bundeskanzler Vranitzky mit seiner Geschichte sehr schwer getan, erst er hat Klartext gesprochen:

„Wir bekennen uns zu allen Daten unserer Geschichte und zu den Taten aller Teile unseres Volkes, zu den guten wie zu den bösen; und so wie wir die guten für uns in Anspruch nehmen, haben wir uns für die bösen zu entschuldigen – bei den Überlebenden und bei den Nachkommen der Toten. Dieses Bekenntnis haben österreichische Politiker immer wieder abgelegt. Ich möchte das heute ausdrücklich auch im Namen der Bundesregierung tun; als Maßstab für das Verhältnis, das wir heute zu unserer Geschichte haben müssen, also als Maßstab für die politische Kultur in unserem Land; aber auch als unseren Beitrag zur neuen politischen Kultur in Europa.“

Linz hat seine Rolle im Nationalsozialismus beispielgebend aufgearbeitet. Zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten lassen die Geschichte neu entstehen, ohne den Versuch der Verklärung im Nachhinein –  ohne wenn und aber.

Es ist nur konsequent wenn das Internationale Brucknerfest gemeinsam mit dem Verein EntarteOpera die kulturpolitischen Gegebenheiten dieser Zeit aufzeigt. Eine unglaubliche Menge an Kulturschaffenden in der Musik, aber nicht nur dort, wurden  totgeschwiegen, verdrängt oder ermordet. Die kulturpolitische Wirkung zeigt sich nach dem Nationalsozialismus. Komponisten und ihre Werke waren verschwunden und blieben es auch. Ein Rechtsruck in Europa ist spürbar, die Tea Party in Amerika zeigt auf. Der Weg zur Verteufelung der Kunst ist nicht weit.

 

„Swing tanzen verboten“

Ausstellung zur Unterhaltungsmusik nach 1933 zwischen Widerstand, Propaganda und Vertreibung

 

Ausstellungskuratorin // Dr. Marie – Theres Arnborn

Ausstellungsgestaltung // argeMarie

Ausstellungseröffnung mit Vortrag / Musik  // 9.9.2014  18:00 // Tabakfabrik Linz

Ausstellung // bis 5.10.    Di. – So. 10:00 bis 18:00

In Kooperation mit dem  Internationalen Brucknerfest Linz 2014

 

Foto: ArgeMarie / Ausstellung "Swing tanzen verboten"

Foto: ArgeMarie / Ausstellung „Swing tanzen verboten“

 

Das Jahr 1933 bedeutete einen gewaltigen Einschnitt auch für die Unterhaltungskultur. Dies war im Besonderen von moderner Tanzmusik, Einflüssen aus Amerika, frivol-humoristischen Texten und jüdischen Komponisten, Librettisten und Interpreten geprägt. All dies war den Nationalsozialisten ein Dorn im Auge: Rückbesinnung auf „heimische“ Melodien, auf „arische“ Künstler und „brave“ Texte standen im krassen Gegensatz zu einer der erfolgreichsten Phasen der mitteleuropäischen Unterhaltungsbranche, die weltoffen und modern war.

„Der Untergang der Wiener Operette im Judentum“ übertitelte Der Stürmer am 9.6.1934 die „Aufzeichnungen eines abgebauten Operettenstars“: „Wer wollte auch auf den Gedanken verfallen, daß gerade die Juden es sein sollten, die in einem knifflig und perfid geführten unterirdischen Feldzug im Laufe von wenigen Jahrzehnten das ganze Gebiet der wienerischen Musik erobern konnten, sodaß durchaus keine Übertreibung ausgesprochen wird, wenn man hinsichtlich dessen, was heute als wienerische Musik „international“ gepriesen wird, die Begriffe von „Wienerisch“ und „Jüdisch“ gleichsetzt.“ Die jüdischen Künstler wurden vertrieben, verhaftet und ermordet – und mit ihnen eine ganze unwiederbringliche Kultur.

Die Ausstellung ist dreigeteilt: „Arisierte“ Operette stellt die Unterhaltungskultur nach 1933 in Deutschland in den Mittelpunkt, „Vertriebene“ Operette den Brain Drain in die USA und andere Länder, die Zuflucht boten, und „Ermordete“ Operette all die Künstler, die ermordet wurden und selbst noch in den Konzentrationslagern Unterhaltungsmusik aufführten und komponierten.

In Deutschland mussten Ersatzwerke geschaffen werden, um die große Nachfrage nach Operette weiter zu befriedigen. So wurde aus Emmerich Kálmáns Gräfin Mariza Nico Dostals Ungarische Hochzeit, Paul Abrahams Ball im Savoy wandelte sich zu Fred Raymonds Maske in Blau und die Kulissen zu Erik Charells Weißem Rössl mussten eine Weiterverwendung finden. Fred Raymond schrieb daher Saison in Salzburg.

Komponisten, Librettisten und Interpreten fanden Zuflucht in den USA, doch nur wenigen gelang es, dort künstlerisch zu reüssieren und den in Europa begonnen Erfolg fortzusetzen. In England entstand die einzige Operette, die die Nazi-Verfolgung thematisierte: Ivor Novellos The dancing years aus dem Jahr 1939.

In einigen Konzentrationslagern wurden Operetten aufgeführt: Von den Häftlingen für andere Häftlinge oder aber für die Wachmannschaften. Außerdem hatte jedes Lager seine „Lagerhymne“, so schufen Hermann Leopoldi und Fritz Löhner-Beda das berühmte „Buchenwaldlied“.

Nach 1945 gab es in Europa so gut wie keinen Bruch: Kontinuität stand im Mittelpunkt, das Bestreben, die vertriebene Kultur wieder zu beleben, war enden wollend – die Biederkeit der 1950er Jahre setzte die Nazi-Ideologie auf ihre Weise fort: Für Jazz und moderne Tanzmusik bestand nur wenig Interesse. Erst in den vergangenen Jahren erwachte wieder das Interesse für die Modernität der Zwischenkriegszeit – eine Chance, ein ganzes Genre zu rehabilitieren und ihren Schöpfern die Geschichte zurückzugeben.

Dr. Marie-Theres Arnbom

 

Konzert zur Ausstellung

Eine musikalische Reise durch die Unterhaltungsmusik der 30er Jahre zwischen Widerstand, Propaganda und Vertreibung

 

Konzeption und Texte // Wolfgang Dosch

Lehrgang Klassische Operette/Konservatorium Wien Privatuniversität

Konzert  // 9.9.2013  19:30 // Tabakfabrik Linz im Anschluss an die Ausstellungseröffnung

Schülervorstellung  // 18.9.2013  17:00 // Tabakfabrik Linz

In Kooperation mit Internationalen Brucknerfest Linz 2014

 

 „Verbotene Klänge“

Liederzyklus von Ernst Krenek

Reisebuch aus den österreichischen Alpen

 

Tenor // Alexander Kaimbacher

Klavier // Anna Sushon

Lesung // Erika Pluhar

Konzert  // 11.9.2013  19:00 // Tabakfabrik Linz

In Kooperation mit dem Internationalen Brucknerfest Linz 2014

 

Foto: Evelin Frerk

Foto: Evelin Frerk

 

„Bildergalerie der Erinnerung“ auf der Homepage von EntArteOpera:

Archiv von Bildern und Daten der von den Nationalsozialisten als „entartet“ diffamierten Musiker und Musikerinnen, ausgestellt in der Ausstellung von  „EntArteOpera 2013“

Rückblick 2013 mit Bildern, Video  und kompletter Pressespiegel sowie umfassende Detailinformationen zu 2014 auf:

www.entarteopera.com

 

Sinnlichkeit und Aufbegehren

Martin Sieghart kommentiert und dirigiert

Ludwig van Beethoven: Sinfonie Nr. 3 “Eroica”
Karl Amadeus Hartmann: Concerto funèbre
Ludwig van Beethoven: Sinfonie Nr. 4
 
am 15.09.2014 // 19.00
 
Israel Chamber Orchestra
Violine: Thomas Amadeus Irnberger
 
Foto: Florian Voggeneder

Foto: Florian Voggeneder

 

Vor mehreren Jahren habe ich auf meiner Homepage geschrieben, dass Beethoven für mich der bedeutendste Symphoniker wäre. Daran hat sich nichts geändert.

Nur die Beschäftigung mit seiner unvergleichlichen Persönlichkeit, das Erkennen, wie sehr man Ihm unrecht tut, wenn man ihn auf den ewig vom Schicksal bestraften Meister beschränkt, diese Beschäftigung hat mir geholfen, seinen Humor, seine Sinnlichkeit, die Erotik in seiner Musik zu erkennen. Und so ist es nahe gelegen, einmal den Versuch zu unternehmen, zwei seiner Werke dem Publikum erst am Klavier und im Gespräch sehr persönlich zu erläutern, ehe man sie gemeinsam mit dem Orchester spielt. Und das wird sehr unwissenschaftlich ausfallen, und wer immer anderer Meinung ist, möge das nach dem Konzert bitte ohne zeitliche oder kritikschonende Beschränkung tun. Ich stehe bis spät in die Nacht zum Diskurs bereit. Um diese sinnlichen Eindrücke zu vertiefen, habe ich gemeinsam mit Freunden der Innviertler Vinologenvereinigung in langen Sitzungen versucht, die geeigneten Weine zu beiden Symphonien auszusuchen. Und so verschieden die beiden Werke sind, so sind auch die Weine ausgefallen. Zum großartigen Concerto Funèbre von K.A. Hartmann werde ich gemeinsam mit dem Solisten Thomas Albertus Irnberger eine Einführung halten.

Der “Sinnlichkeit” aller drei Kompositionen stelle ich das “Aufbegehren” Hartmanns und Beethovens in dessen “Eroica” gegenüber. Reservieren Sie bitte einen langen Abend für dieses Konzert und begleiten Sie uns durch die herrliche Welt dieser Musik.

Martin Sieghart

 

Alea

Kammeroper in einem Akt – Uraufführung

Komposition und Libretto von Michael Hazod.

Tenor: Michael Nowak
Bariton: Matthias Helm
Dirigent: Thomas Kerbl
Frauenchor und Ensemble für zeitgenössische Musik der Anton Bruckner Privatuniversität Linz.
Eine Produktion des Musiktheaterstudios der Anton Bruckner Privatuniversität Linz.
Auftragswerk des Internationalen Brucknerfestes Linz.

  • 25. September 2014, 19.30 Uhr
  • 27. September 2014, 19.30 Uhr
  • 1. Oktober 2014, 19.30 Uhr

 

Tabakfabrik Linz

Als idealer Spielort für die Wiederentdeckung von Walter Braunfels´ vergessenem Meisterwerk bietet sich die ehemalige „Tabakfabrik Linz“ mit ihren einmaligen Möglichkeiten an. Das denkmalgeschützte, geschichtsträchtige Gebäude gilt als einer der konsequentesten Industriebauten der Moderne. In seiner heutigen Form erbaut von den Architekten Peter Behrens und Alexander Popp in den Jahren 1928-1935, präsentiert sich der Komplex als Angelpunkt der politischen und sozialen Geschichte der Stadt. Selbst das menschenfeindliche Klima, unter dem „entartete“ Komponisten zur Zeit des Nationalsozialismus zu leiden hatten, lässt sich in der wechselreichen Geschichte der Tabakfabrik ablesen, wenn die Werksnachrichten von „Kulturschulungsstunden“ berichten, in denen der Fabriksbelegschaft die echte deutsche Kunst nahegelegt wurde im Gegensatz zur „durch Juden verschmutzen Musik“, die „deren schlechten Absichten widerspiegeln“.

 

 

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