Das Brucknerfest 2014 ist mit der Oper „Ulenspiegel“ zu Gast in der Tabakfabrik.
Infos
- Premiere: 10. September 2014, 19.00 Uhr
- Weitere Vorstellungen:
12. September, 19.00 Uhr
14. September, 19.00 Uhr
16. September, 19.00 Uhr - Oper von Walter Braunfels
Israel Chamber Orchestra
Dirigent: Martin Sieghart
Inszenierung: Roland Schwab
Ausstattung: Susanne Thomasberger
In einer musikalischen Bearbeitung für Kammerorchester von Werner Steinmetz. - Einheitspreis: 35,- Euro; Jugendkarte: 18,- Euro. Freie Platzwahl.
- Karten erhalten sie nicht in der Tabakfabrik, sondern über das Brucknerhaus Servicecenter.
- Eine Veranstaltung von EntArteOpera in Kooperation mit dem Internationalen Brucknerfest Linz 2014
Die Oper „Ulenspiegel“
Dieser Grundsatz galt schon immer: Nichts fürchten Autoritäten und Autokratien so sehr wie den beißenden Spott, die schonungslose Satire, die politische Narretei. Vielleicht steht aus diesem Grunde der Narr oft genug im Mittelpunkt, wenn es darum geht, Widerstand gegen jede Art von Willkür zu leisten und die Unabhängigkeit des Individuums zu verteidigen.
Walter Braunfels Oper „Ulenspiegel“ versetzt die vermeintlich harmlose Schalk-Figur Ulenspiegel (oder auch: Eulenspiegel) pointiert in einen der düstersten Kontexte der Menschheitsgeschichte: die Schreckensherrschaft der Inquisition im Flandern des 16. Jahrhunderts.
Der „Anarcho“ Ulenspiegel steht als Mahnmal für die Freiheit des Geistes, die sich durch kein noch so grausames Regime unterdrücken lässt. Sein provokanter und subversiver Witz erfährt schließlich durch das persönliche Erleben von Terror und Folter eine politische Radikalisierung. Ulenspiegel wird zum unerschütterlichen Widerstandskämpfer und stellt sich an die Spitze der Rebellion.
Dass ausgerechnet ein Narr den ultimativen Kampf für die Freiheit anführt, lässt sich als eine zutiefst pessimistische Weltsicht des „Halbjuden“ Walter Braunfels lesen, der schon zur Entstehungszeit der Oper 1913 die grausame Diktatur, die sich zwanzig Jahre später in Deutschland etablieren sollte, vorausgeahnt haben mag. Ist alle Freiheit auf Erden nichts weiter als eine unerreichbare Utopie? Ist der Narr – wie in Hieronymus Boschs Gemälde „Das Narrenschiff“ – am Ende doch derjenige, der am allerwenigsten närrisch ist?
Der Monumentalbau der Tabakfabrik Linz ist ein Ort von historischer Brisanz. Während der NS-Herrschaft in Österreich wurde er zum industriellen Prestigeobjekt erklärt, schließlich avancierte er durch den Kommunisten Josef Teufl zum Schauplatz von Widerstand gegen die Unterdrückung. So bietet er das richtige Ambiente für ein Werk wie „Ulenspiegel“ mit seiner spannungsgeladenen Thematik.
Text: Roland Schwab
Der Komponist Walter Braunfels
Walter Braunfels, geboren und aufgewachsen in Frankfurt, gilt als Shooting Star unter den „Wiederentdeckten“, also den von den Nationalsozialisten verfemten und seitdem aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit verschwundenen Komponisten. Ab 1920 zählte er neben Richard Strauss und Franz Schreker zu den meistgespielten Opernkomponisten in Deutschland. Seine erfolgreiche Laufbahn als Komponist und als Direktor der neu gegründeten Hochschule für Musik in Köln endete jäh mit der „Machtergreifung“ 1933. Als „Halbjude“ verlor er seine Stellung, und seine Werke durften nicht mehr gespielt werden. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, den er in innerer Emigration am Bodensee verbrachte, konnte er als Komponist nicht mehr an seine Vorkriegserfolge anknüpfen.
Die Braunfels-Renaissance begann mit der schon in den Zwanzigerjahren höchst populären Oper „Die Vögel“, die 1999 von der Volksoper Wien wiederentdeckt und seitdem an zahlreichen Bühnen auf der ganzen Welt erfolgreich gespielt wurde. Im Fahrwasser dieses Triumphzugs erlangten auch zahlreiche andere Werke des Komponisten wieder Aufmerksamkeit, und mittlerweile vergeht keine Saison, in der nicht zumindest einige Aufführungen und Plattenaufnahmen von Braunfels-Werken stattfinden. Der jüngst im thüringischen Gera wiederbelebte „Ulenspiegel“ zählt neben „Die Vögel“ und der „Großen Messe“ zu Braunfels’ opulentesten und unmittelbar packendsten Werken. Schwelgerische Melodien und instrumentale Prachtentfaltung kennzeichnen dieses geradezu „hyperromantische“, hochemotionale Revolutionsdrama aus der Zeit der Inquisition in den Spanischen Niederlanden, in dem sich die Hauptfigur Till Ulenspiegel zwangsläufig vom aufmüpfigen Schalk zum Freiheitskämpfer beziehungsweise – je nach Betrachtungsweise – Terroristen entwickelt.
In Linz wird „Ulenspiegel“ in den Räumen der ehemaligen Tabakfabrik. Zur Aufführung kommt eine eigens dafür in Auftrag gegebene Bearbeitung für Kammerorchester von Werner Steinmetz, gespielt vom Israel Chamber Orchestra unter Martin Sieghart. Für die Ausstattung zeichnet Susanne Thomasberger verantwortlich.
Text: EntArte Opera