1, 2 oder 3 – Die Magazine der Tabakfabrik

Eine architekturarchäologische Betrachtung

„Wer in der Zukunft lesen will, muss in der Vergangenheit blättern.“ – Die Tabakfabrik Linz wandelt auf den Spuren von André Malraux und widmet sich im Rahmen einer Blog-Reihe der Geschichte, Gegenwart und Zukunft ihrer einzelnen Gebäudeteile. Eine Zeitreise in die Vergangenheit erlaubt ein wertvolles historisches Modell des Industrieensembles aus der Sammlung des Linzer Stadtmuseums Nordico. Diese Reproduktion der Tabakfabrik aus dem Jahr 1950 zeigt das denkmalgeschützte Architekturjuwel von Stardesigner Peter Behrens in seinem Urzustand. Die Wiederherstellung dieses Urzustands durch die Entfernung der nicht unter Denkmalschutz stehenden, später errichteten Zwischenmagazine entspricht nicht nur den Auflagen des Denkmalschutzes, sondern deckt sich auch mit den Empfehlungen des von der Stadt Linz ausgelobten Europan-Wettbewerbs und steht im Einklang mit den künftigen Plänen der Tabakfabrik Linz Entwicklungs- und Betriebsgesellschaft.

Foto: Tabakfabrik Linz

Die Magazine der Tabakfabrik Linz im Urzustand, ohne die später errichteten Zwischenmagazine | Foto: Tabakfabrik Linz

 

Die Ergebnisse einer umfassenden wissenschaftlichen Studie zur Nachnutzung des Industrieareals von der Johannes Kepler Universität Linz unter der Leitung von Prof. Robert Bauer, die Planungen der ehemaligen Austria Tabakwerke, die Anregungen des internationalen Europan-Architekturwettbewerbs zur Revitalisierung der Tabakfabrik, die Erfahrungen anderer Kreativquartiere oder interdisziplinärer Forschungsprojekte sowie standortspezifische Bedürfnisse, aktuelle gesellschaftliche Tendenzen und mögliche Zukunftsszenarien wurden während der Zwischennutzungsphase in der Praxis erprobt und überprüft. Aus all diesen Erkenntnissen der letzten Jahre entstand das Gesamtkonzept für die Neugestaltung der Tabakfabrik Linz.

 

Foto: Tabakfabrik Linz

Die Magazine der Tabakfabrik Linz heute, inklusive der nicht denkmalgeschützten Zwischenmagazine | Foto: Tabakfabrik Linz

 

Die Magazine der Tabakfabrik Linz

In jenen Hallen, in denen einst wertvoller Rohtabak aus dem Orient gelagert wurde, sollen künftig die kostbaren Rohstoffe unserer Zeit gespeichert werden: Technische Innovation und Kreativität. So wie sich in den Magazinen einst alles um den In- und Export von Tabak drehte, sollen sie in Zukunft als Drehscheibe für den In- und Export von technischen Neuerungen und Human Resources dienen.

Die in fünf Einzelgebäude gegliederten Magazine der Tabakfabrik Linz stehen bis auf die beiden später errichteten Zwischenmagazine ebenfalls unter Denkmalschutz. Erst die Entfernung der Zwischenmagazine macht eine über die Nutzung als Lagerflächen hinausgehende Verwendung und Verwertung der zum Großteil fensterlosen denkmalgeschützten Magazine sinnvoll und möglich. Daher sehen, neben dem Entwicklungsteam der TFL, auch nahezu alle Einreichungen des internationalen Europan-Architekturwettbewerbs zur Tabakfabrik ihren Abriss vor. So erhalten die von Peter Behrens entworfenen Magazine aus den 1930er Jahren auch im rückwärtigen Teil Tageslicht, können als Büros, Ateliers oder Werkstätten vermietet werden und erfahren eine erhebliche Wertsteigerung.

Foto: Tabakfabrik Linz

Foto: Tabakfabrik Linz

 

Magazin 1: Studio & Storage

Das direkt an der Unteren Donaulände gelegene Magazin 1 der Tabakfabrik Linz wird zum „Art Magazin“. Aufgrund der enormen Nachfrage werden die atmosphärischen Hallen des Magazin 1 in Studios für zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler verwandelt. In Kombination dazu werden Lagerflächen und Depots entstehen. Um günstige Mietpreise gewährleisten zu können, beschränken sich die notwendigen Adaptierungsmaßnahmen ganz bewusst auf das Wesentliche. Gläserne Trennwände bringen den Industriechic der Architektur zur Geltung und sorgen für Licht und perfekte Arbeitsbedingungen.

Die Errichtung von Künstlerateliers ist auch eine Reminiszenz an die Zeit, als die Kunstuniversität Linz mit dem Institut für bildende Kunst das Magazin 1 mit den Aufsehen erregenden, leuchtenden Werbeaufschriften „Austria Tabak“ und „FALK“ belebten.

Die Entfernung der nicht denkmalgeschützten Zwischenmagazine, die im Jahr 1969 gebaut wurden, erlaubt nicht nur eine sinnvolle Transformation der Innenräume, sondern erweist vor allem auch wertvolle Dienste für die Beziehung zwischen dem Tabakfabrik-Gelände und seiner Nachbarschaft. Jedes der Magazine profitiert mit seinem Umfeld in eigener Weise von der Öffnung. Generell ermöglicht der Abbruch eine Durchörterung zur ehemaligen Fleischmarkthalle und den östlich angrenzenden Ausläufern des boomenden Hafenviertels. So wird das Areal der Tabakfabrik von allen Himmelsrichtungen zugänglich und unterstützt mit dem neu geschaffenen Eingang im Osten die aktuellen Bestrebungen der Stadt, das Zentrum von Linz näher an den Donauhafen zu rücken.

Das Magazin 1 grenzt sowohl an den der fertig entwickelten Bau 2 als auch an das Magazin 2. Durch die konzeptuelle Einbindung des bauzeitlichen Logistikrings soll es für die MieterInnen und die Öffentlichkeit möglich sein, das sogenannte Behrensband, vom Bau 2 über die Magazine und den Bau 1 bis zum Bau 3 zu durchlaufen.

Foto: Tabakfabrik Linz

Foto: Tabakfabrik Linz

 

Magazin 2: Stay in the Middle East

Äußerst positiv wird sich der Abbruch der Zwischenmagazine auf das Magazin 2, das sich in der Mitte des Ensembles befindet, auswirken. Nur so könnte aus einem völlig abgeschlossenen, riesigen Lagerkomplex ein lichtdurchfluteter und wertvoller urbaner Raum werden. Da die Tabakfabrik über keine Widmung für klassisches Wohnen verfügt, wäre es für die Belebung des Areals eine große Bereicherung, im Magazin 2 innovative Longstay-Angebote für Studierende und temporär in der Fabrik Beschäftigte zu entwickeln. Die Etablierung eines jungen, urbanen Boardinghauses – mit modernen Betriebswohnungen und internationalem Flair im Stil zeitgenössischer Lofts – würde in Linz und der Tabakfabrik eine Lücke im Sektor „Wohnen auf Zeit“ schließen, der einen immer größeren Boom erlebt und die touristische Anziehungskraft der Tabakfabrik erhöht.

Darüber hinaus sollen im Magazin 2 größere zusammenhängende Workshop- bzw. Werkstatt-Flächen für Forschungseinrichtungen, Technologieinstitute und Firmenzentralen geschaffen werden.

 

Foto: Tabakfabrik Linz

Foto: Tabakfabrik Linz

 

Magazin 3: Skill you all – Workshop, Atelier, Storage & Open Lab

Aufgrund ihrer ausgezeichneten logistischen Anbindung an den Bau 1 der Tabakfabrik in Form von mehreren direkten Übergängen dienen die oberen Stockwerke des Magazin 3 als optimal erreichbare Lagerflächen für die unmittelbar angrenzende Maker Unit im Bau 1. Die ganz bewusst in diesem Bereich angesiedelten Werkstätten und Handwerksbetriebe verfügen über den kürzesten Weg zu ihren jeweiligen Depots – ein entscheidender Vorteil für größtmögliche Effizienz im Produktionsalltag. Wegen seiner Nähe zu den darüber liegenden Lagerräumen ist auch das Erdgeschoss des Magazin 3 für die brummende Aktivität großer Maschinen reserviert. Das zum Innenhof durch riesige Rolltore geöffnete Parterre des Magazin 3 wird die ausgezeichnet ausgestatteten Hauswerkstätten und das Open Lab der Tabakfabrik Linz beherbergen. Während die Hauswerkstätten mit Schlosserei, Tischlerei, Spenglerei, Dreherei, Schweißerei und Fräserei sämtliche klassischen Handwerksbranchen abdecken, dient das offene Labor als öffentlich zugängliche High-Tech-Gemeinschaftswerkstatt. In diesem von Haratech betriebenen Fab Lab entsteht mit Hilfe von Lasercutter, 3D Drucker, CNC-Fräse oder Vinylplotter per Mausklick aus einer Idee ein fertiges Produkt.

 

Foto: Tabakfabrik Linz

Foto: Tabakfabrik Linz

 

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