Das AMS OÖ ist seit September neuer Mieter in der Tabakfabrik – entgegen mancher Erwartungen spielen die Corona-Pandemie und ihre Folgen dabei aber nur eine untergeordnete Rolle. Das AMS wird ansässigen Unternehmen in der Tabakfabrik bei Personalthemen beratend zur Seite stehen – und nebenbei selbst mehr über die Berufsfelder der Zukunft erfahren.
„Es gibt einen Bedarf an ‚Kümmerern‘ in der Tabakfabrik“, antwortet AMS-Landesgeschäftsführer Gerhard Straßer auf die Frage, warum sich das AMS OÖ am Kreativareal ansiedelt und spielt dabei auf die Innovationsökologie der Tabakfabrik und ihre zwölf Rollen an. Um ein dynamisches System mit einer vielfältigen Community zu bilden, benötigt die Tabakfabrik unterschiedliche Schlüsselrollen, die einander bedingen und für unterschiedliche Phasen des Entwicklungszyklus wichtig sind. So gibt es neben Passionierten, KämpferInnen, HerscherInnen, Verwaisten, MentorInnen, Idealisten auch Kümmerer. Die regelmäßigen Umfragen innerhalb der Tabakfabrik-Community für eine bessere Planung der weiteren Entwicklung des Areals haben das Bedürfnis nach mehr von eben diesen UmsorgerInnen ergeben: Menschen, die sich in der Community engagieren, Orte, an denen man sich treffen und netzwerken kann, Firmen, die mit Rat und Tat zur Seite stehen – Kümmerer eben.
AMS als Dienstleister der Tabakfabrik-Community
Genau diese Rolle übernimmt ab September 2020 das AMS OÖ in der Tabakfabrik. Mit seiner Expertise im Bereich Beschäftigung und Personal wird das AMS künftig die angesiedelten Unternehmen bei diversen Fragestellungen unterstützen – sei es allgemeiner oder spezifischer Personalbedarf, die Organisation von Beschäftigungsbewilligungen für Drittstaatsangehörige oder die Qualifikation und Weiterbildung von bestehendem Personal.
Nicht nur für die größeren Unternehmen in der Tabakfabrik will das AMS Anlaufstelle bei Personalthemen sein, vor allem auch die GründerInnen und kleinen Betriebe sollen von dem neuesten Mitglied der Community profitieren: „Dienstleister für diese Organisationsgrößen gibt es im Bereich Personal selten, genau darum kümmert sich das AMS“, erklärt Straßer.
Das AMS betreibt außerdem gemeinsam mit dem BFI OÖ die Coders.Bay in der Grand Garage, in der grundlegende, am Arbeitsmarkt sehr gefragte Programmierkenntnisse an AnfängerInnen vermittelt werden. „Im Idealfall kommen diese Arbeitskräfte dann auch gleich wieder in der Tabakfabrik unter“, erklärt Straßer einen Aspekt des Konzepts.
Als lernende Organisation ist das AMS natürlich auch daran interessiert, neue Berufsfelder kennenzulernen und deren Qualifikationsbedürfnisse zu identifizieren und abzufragen. Die Tabakfabrik als Inbegriff für Innovation ist dafür ideal geeignet: „Für mich steht die Tabakfabrik für Neues und Aufstrebendes. Hier ist Platz für Vieles und Vielfalt, deshalb müssen wir genau hier sein“, ist sich AMS-Landesgeschäftsführer Straßer sicher.
Die Corona-Krise nutzen
Durch Corona herrscht seit März nicht nur am oberösterreichischen Markt Krisenstimmung. Im April meldeten 17.000 Betriebe in Oberösterreich 292.000 Personen zur Kurzarbeit an, während 60.000 Personen arbeitslos waren. Mit insgesamt 350.000 Personen war also jeder oder jede zweite in Oberösterreich Beschäftigte von der Arbeitsmarktkrise betroffen.
In den letzten Monaten hat sich die Lage verbessert: 5.500 Unternehmen mit rund 82.000 Menschen in Kurzarbeit und 40.000 Arbeitslose verzeichnet das AMS aktuell. Somit betrifft die Krise „nur“ noch jede fünfte Person, die in Oberösterreich arbeitet.
Die schwierige Lage wird nach Einschätzung von Herrn Straßer allerdings noch einige Jahre andauern, diese Zeit sollte man aber nicht ungenützt verstreichen lassen, sondern sie beispielsweise für Qualifikation und Weiterbildung heranziehen. „In der Tabakfabrik planen oder bieten wir bereits Angebote in diese Richtung an. Zum einen in der Coders.Bay, in der der Einstieg in die Welt des Programmierens leicht gelingt und Potential und Affinität verbessert und vergrößert werden können. Zum anderen ist aber auch geplant, einzelne Personen im Rahmen der geförderten Arbeitsplatznahen Qualifizierung (AQUA) direkt in den Betrieben auszubilden.“
Die Zukunft der Arbeit
In Zeiten der Krise sieht Gerhard Straßer besonders drei Bereiche der Arbeit in Zukunft unproblematisch: Gesundheit und Pflege, Handwerk (da sich der Fachkräftemangel hier künftig noch intensiver auswirken wird), und die Technik und IT. Letztere ist großer Bestandteil der Tabakfabrik, in diesem Feld sind hier nicht nur Personen beschäftigt, sondern werden auch in diese Richtung ausgebildet. Hier schließt sich für das AMS und Landesgeschäftsführer Gerhard Straßer wieder der Kreis – „Denn wo, wenn nicht in der Tabakfabrik, erfahren wir, was die Wirtschaft von morgen braucht?“