Modelabel Vresh verlegt seinen Hauptsitz in die „Tschickbude“
Ihr Ziel ist es, fair produzierte, hochwertige und leistbare Kleidung zu produzieren. Mit diesem Plan mauserte sich Vresh seit dem Jahr 2012 vom lokalen Modelabel zu einem internationalen Player. In Zeiten, in denen immer mehr Textilien in Billiglohnländern wie China oder Vietnam produziert werden, will das Eferdinger Start-up Vresh die Produktion in Europa stärken. Nun hat Vresh den Hauptsitz in die Tabakfabrik Linz verlegt und lockt im Magazin 3 ab Juli mit einem außergewöhnlichen Shop und Showroom. Im Interview mit Klaus Buchroithner, dem Gründer und Geschäftsführer von Vresh, sprechen wir über nachhaltige Produktionskreisläufe, das graue T-Shirt von Facebook-Gründer Mark Zuckerberg und die rund 200 Quadratmeter große neue Fläche von Vresh in der Tabakfabrik.
Wie ist die Idee zu Vresh entstanden?
Mein Bruder hat 2006 gemeinsam mit meiner Mama einen Skateshop aufgesperrt, den ich dann übernommen habe. Als kleiner Händler merkte ich schnell, wie schwierig es mittlerweile geworden ist, mit Skate-Labels zusammenzuarbeiten. Die Kern-Story war: Wir haben ca. 300 Paar Schuhe von einem Brand auf Lager gehabt und dann sind mir davon die großen Größen ausgegangen – 45, 46. Ich habe dort angerufen und gesagt, dass wir seit sechs Jahren Kunde sind und ich ein paar Schuhe in der Größe 45 und 46 bräuchte, auch wenn ich für das nächste Jahr keine Vorbestellungen gemacht habe. Doch der Vertreter der Firma meinte zu mir, dass ich nicht mehr in ihrem System sei und sie mich deshalb nicht beliefern können. Das war für mich einer der Knackpunkte, wo ich mir gedacht habe, dass das besser funktionieren muss – jetzt nicht nur in der Händlerbeziehung, sondern generell. Als Marke sollte man nicht billigst in Asien produzieren und die Produkte dann über fünf Hände am Endkunden relativ teuer verkaufen. Das wollte ich einfach nicht mehr machen.
Ein ganz ein wichtiger Aspekt des Labels Vresh sind faire Produktionsbedingungen, ihr produziert nur mehr in der Europäischen Union und habt großen Wert auf die Auswahl eurer PartnerInnen gelegt. Nach welchen Parametern wurden diese ausgesucht?
Als kleine Marke ist es schwierig, ProduktionspartnerInnen zu finden, weil in der Textilbranche immer gewisse Mengen benötigt werden, damit sich der Herstellungsprozess lohnt. Für mich hat sich die Wahl unserer PartnerInnen aber von selbst ergeben. Ich bekam einen Kontakt in Portugal, über den ich wiederum andere TextilproduzentInnen vor Ort kennengelernt habe. Als ich 2017 die Chance erhielt, mit dem Programm „Erasmus für Jungunternehmer“ einige Zeit in Portugal zu verbringen, konnte ich mir wirklich ein familiäres Netzwerk aufbauen, das jetzt unseren Kern-Supplier darstellt. Das Netzwerk besteht aus lauter kleinen Familienbetrieben, die in Summe die gesamte Produktionskette bilden. Sprich wir haben eine kleine Schneiderei, die wirklich nur schneidert, wir haben eine Firma für den Zuschnitt, eine Druckerei, eine Stickerei, eine Wäscherei, die auch bügelt, einen Stofflieferanten. Das oberste Auswahlkriterium ist immer die Qualität. Denn man kann auch das nachhaltigste Produkt nicht verkaufen, wenn die Qualität nicht passt. Wichtig sind natürlich auch faire Arbeitsbedingungen und eine gewisse Flexiblilität der ProduzentInnen. Das heißt, dass sie auch Kleinserien von etwa 50 Stück herstellen können – etwas, das bei StandardproduzentInnen nicht geht. Das Thema Nachhaltigkeit begleitet mich schon ein paar Jahre und da sind wir jetzt noch einen Schritt weitergegangen. Wir verwenden bei unserer Textilagentur „Das Merch“ mittlerweile hauptsächlich Bio-Baumwolle bzw. Bio-Baumwolle gemischt mit recyceltem Polyester. Und bei Vresh haben wir eine erste Kollektion entworfen, die aus 100 Prozent recycelten Stoffen hergestellt wird. Da spart man pro T-Shirt nämlich 2.700 Liter Wasser.
Es drängt sich doch die Frage auf: Warum produziert ihr eigentlich nicht in Österreich?
Das ist eine gute Frage. Ich habe mich intensiv damit beschäftigt und lange in Österreich gesucht. Es gibt in Österreich nur mehr ganz wenige Textilhersteller. Bei denen ist es aber preislich so, dass man sich mit dem Produkt im Luxusbereich bewegen muss, damit es funktioniert. Ich glaube, dass Vorarlberg noch sehr gut aufgestellt ist in Sachen Stoffproduktion, dort wird auch viel mit smarten Textilien experimentiert, aber klassische TextilproduzentInnen gibt es in Österreich kaum mehr.
Vresh ist auch bekannt für sehr wirksame PR-Gags, wenn ich das einmal so nennen darf. Wie ist die Idee zu dem berühmten T-Shirt von Facebook-Gründer Mark Zuckerberg entstanden?
Unser Ziel ist es ja, hochwertige Basics zu produzieren. 2017 habe ich das ein paar Freunden erzählt. Wir haben ein paar Biere getrunken und uns überlegt, dass wir für diese Basic-Kollektion Testimonials brauchen. Irgendwann ist der Name Mark Zuckerberg gefallen, weil er immer ein simples graues T-Shirt trägt. Wir wollten dieses hochwertige graue Basic von Mark Zuckerberg auch der breiten Masse anbieten – und das haben wir dann auch gemacht. Wir haben gemeinsam eine Website gebaut und das T-Shirt über „Product Hunt“, wo normalerweise eher Software-Launches veröffentlicht werden, publik gemacht. Damit sind wir Projekt des Tages geworden und hatten innerhalb von wenigen Tagen um die 50.000 Websiteklicks – ohne Werbung. Wir haben weltweit T-Shirts verkauft, also in China, Brasilien und den USA natürlich. Nur fünf Tage nachdem wir mit dem Projekt online gegangen sind, ist allerdings schon der Brief von Zuckerbergs Anwälten hereingeflattert. Wir haben uns dann auch einen Anwalt genommen und das geregelt, indem wir offline gingen. Ich glaube, es wäre sehr, sehr teuer geworden, wenn wir das T-Shirt nicht entfernt hätten. Der Anwaltsbrief hängt jedenfalls als Erinnerung ausgedruckt im Büro, denn man bekommt nicht unbedingt so oft im Leben einen Brief, in dem steht „I am writing you on behalf of Mr. Mark Zuckerberg“.
Wenn wir jetzt von der Bewerbung von Vresh zu „Das Merch“ kommen. Kann man sagen, dass es sich dabei um eine Modeagentur für Merchandising handelt?
Es ist schwierig, das wirklich zu benennen. Im Endeffekt sind wir eine Textilagentur. Wir wollen einerseits für Labels Sourcing-Partner sein, sprich man kann zu uns kommen, wir kümmern uns um das gesamte Produkt und unterstützen auch im Design. Andererseits handelt es sich bei der Mehrheit unserer KundInnen um klassische Firmen, die Corporate Textiles möchten, die hochwertiger sind als das klassische Werbe-T-Shirt, wie man es kennt. Wo wir in diesem Segment punkten, ist in Sachen Individualität. Bei uns kann man sagen, dass man ein schwarzes T-Shirt möchte, aber ein Ärmel sollte rot sein. Dann machen wir das. Oder man hat eine spezielle Firmenfarbe, dann färben wir den Stoff in dieser Farbe ein. Und das geht schon ab hundert Stück, wir haben uns auch auf Kleinserien spezialisiert.
Ihr verlegt ja ab Juli euer Hauptquartier in die Tabakfabrik. Warum ist die Wahl auf die Tabakfabrik gefallen, ihr hättet wahrscheinlich auch nach Wien gehen können?
2017 habe ich Chris Müller bei einem startup300-Event kennengelernt und war damals sofort begeistert von dem Konzept, was hier in der Tabakfabrik Linz entstehen soll. Die Tabakfabrik zeichnet sich für uns gegenüber Wien beispielsweise dadurch aus, dass sie ein zentraler Punkt ist, wo es so viele verschiedene Projekte rund um die Themen Kreativität und technisches Verständnis gibt. Mit dem Zweig „Fashion & Technology“ der Kunstuniversität Linz ist in der Tabakfabrik auch der Modebereich vertreten. In der Tabakfabrik passiert einfach unglaublich viel und wenn man daran denkt, wie viel in den nächsten fünf Jahren hier noch passieren wird, kann man jedem gratulieren, der sich hier ansiedeln und sein Unternehmen dementsprechend weiterbringen kann. Man hat in der Tabakfabrik einfach das Gefühl, dass man für jedes Projekt ein paar Leute findet, mit denen man darüber sprechen kann und etwas anstoßen kann – das finden wir sehr spannend.
Euer Headquarter in der Tabakfabrik Linz wird ja viel mehr sein als nur ein Shop. Was wird vor Ort alles passieren?
Es wird eine sehr offene Fläche mit ca. 200 Quadratmetern, wo wir fast ohne Wände auskommen. Es entsteht eine Mischung aus Shop, Schauraum und Büro in einem. Wir möchten die moderne Version eines Museums sein, wo man mit verschiedenen Elementen wie Augmented Reality etwas über die Herstellung von Textilien erzählt bekommt – von der Baumwolle bis zum fertigen Produkt. Wir werden vor Ort Siebdruck-Workshops anbieten, oder auch Bands zu Akustiksessions einladen, die dann gleich ihre Fan-T-Shirts drucken können. Gleichzeitig haben wir gemeinsam mit unseren Architekten auch ein Konzept entwickelt, wie wir die Einrichtung unserer neuen Heimat in der Tabakfabrik möglichst nachhaltig gestalten können. Wir bekommen über 30 Jahre alte Gärtnereitische, auch das Regalsystem haben wir gebraucht gekauft. So viel wie möglich wird aus zweiter Hand besorgt und mit einem neuen Sinn, einem neuen Zweck versehen.