Interaktive Wände, die analogen Print mit digitaler Projektion verschmelzen, digitale Fernrohre, mit denen man weniger die Aussicht bewundern, als vielmehr einen Blick in virtuelle Welten werfen kann oder klassische Litfaßsäulen, die das Flair der guten alten Plakate mit modernen Informationstechnologien verbinden. Ars Electronica Solutions entwickelt interaktive Erlebniswelten in Form von multimedialen Installationen – für Ausstellungen, Messen, Showrooms oder ganze Museen.
Inspiriert von den Ideen, Entwicklungen und Forschungsergebnissen der Ars Electronica konzipiert Ars Electronica Solutions zukunftsweisende serienreife Medienlösungen, Prototypen und Produkte – für renommierte Institutionen wie die europäische Weltraumorganisation ESA, berühmte Traditionsbetriebe wie Sacher, städtische Auftraggeber wie Tel Aviv oder Berlin sowie Global Players wie Fronius, Palfinger oder die voestalpine.
Im Jahr 2011 war Ars Electronica Solutions eines der ersten Unternehmen, das sich in der Tabakfabrik Linz angesiedelt und die Revitalisierung des ehemaligen Industrieareals von Anfang an miterlebt hat. Ende des Jahres 2017 übersiedelte Ars Electronica Solutions innerhalb der Tabakfabrik in das ehemalige Zigarettenfabrikationsgebäude, den Bau 1. Dort entstand nicht nur ein repräsentables Büro für Kundenbesuche, Meetings und Testaufbauten, sondern auch ein inspirierender Arbeitsplatz für das Team der Ars Electronica Solutions.
Im Gespräch mit Michael Mondria, dem Direktor der Ars Electronica Solutions, zeichnen wir die Entwicklung der Tabakfabrik Linz nach, unterhalten uns über aktuelle Projekte und reden über die zentralen Themen der digitalen Zukunft.
Die Ars Electronica Solutions war eine der ersten Pionierinnen, die in die Tabakfabrik Linz eingezogen ist. Wie hat sich das Areal seither entwickelt?
Es war ein besonderes Erlebnis, dieses Areal – das uns durch das Ars Electronica Festival, das wir 2010 hier abgehalten haben, sehr bekannt war – als einer der ersten Mieter zu besiedeln. Es war leer, doch wir haben immer daran geglaubt, dass die Tabakfabrik ein Areal mit unglaublichem Zukunftspotential ist, und das hat sich auch bewahrheitet. Mit Staunen verfolge ich die Entwicklungen der letzten Jahre. Wenn ich jetzt 2018 als Latte nehme, wie viele Unternehmen jetzt vor Ort sind und wie vielschichtig und vielseitig sich die Aktivitäten der Menschen, die auf diesem Areal arbeiten, zeigen und auch auswirken, ist das schon phantastisch.
Was macht den Reiz aus, im ehemaligen Zigarettenfabrikationsgebäude der Tabakfabrik, dem Bau 1, situiert zu sein?
In diesen Räumlichkeiten spürt man förmlich die Magie von diesem unglaublichen Genie, der das Areal gebaut hat. Diese Mischung aus Industriekultur – wenn ich nur auf die Säulen schaue, wo die Dübeln der Vergangenheit noch drin sind – und einer neuen Architektur, die den Raum doppelt belebt, wenn sich das Neue mit dem Alten verbindet, ist etwas ganz Tolles. Das war mir auch persönlich sehr wichtig, dass wir dieses alte Erbe nicht zuschütten mit Zukunftstechnologien, sondern etwas Verbindendes schaffen und aus beidem schöpfen können. Und das spürt man nun auch in den Räumlichkeiten. Die MitarbeiterInnen fühlen sich sehr wohl, auch KundInnen schätzen diese Atmosphäre, wenn wir Workshops oder Meetings haben, und wollen viel lieber zu uns kommen, als dass wir zu den KundInnen fahren. Es war wirklich ein Boost, was unser Schaffen an sich betrifft. Von dem her sind wir in der Tabakfabrik sehr glücklich.
Wenn man die Projekte des vergangenen Jahres Revue passieren lässt – was waren besondere Höhepunkte?
Der absolute Höhepunkt des letzten Jahres war ein Projekt unserer langjährigen Kooperation mit der ESA. Wir haben ein neues Besucherzentrum im Headquarter der Erdbeobachtung in Frascati entwickelt. Unsere Fläche hier in der Tabakfabrik war dabei die Testräumlichkeit für dieses Besucherzentrum, wo wir im verkleinerten Stil und in komprimierter Form ein Besucherzentrum von ca. 450 Quadratmetern kreiert, aufgebaut und getestet haben.
Neben Projekten mit international renommierten Organisationen wie der ESA ist es uns als Ars Electronica Solutions aber auch ein besonderes Anliegen, lokal in Oberösterreich aufzutreten. So gesehen bin ich auch sehr glücklich, dass wir vergangenes Jahr gleich zwei Projekte mit dem voestalpine-Konzern realisiert haben, die sehr innovativ sind. Eines davon war die Neueröffnung des Hochofens in Linz. Im Rahmen dieses großartigen Events haben wir neue Technologien verschränkt, also den Hochofen in virtueller Form mit der tatsächlichen Industrieanlage kombiniert, die mit großem Aufwand auf dem Werksgelände der voestalpine installiert worden ist. Diesen Hochofen in seiner unglaublichen Dimension zugänglich zu machen war auch ein Highlight des letzten Jahres.
Ein zentrales Projekt, das Ars Electronica Solutions momentan realisiert, ist ein Innovation Lab für ein Brandland, das zur Zeit noch nicht namentlich genannt werden darf. Kann man schon ein bisschen etwas verraten?
Bei größeren Unternehmen ist es zunehmend zu beobachten, dass sie ihre Aufgabe in der Gesellschaft anders wahrnehmen. Es entstehen sogenannte Brandlands, die nicht mehr nur dazu da sind, die Produkte und Dienstleistungen dieser Unternehmen in irgendeiner Form publik zu machen, sondern durchaus eine gesellschaftliche Verantwortung übernehmen – im Bereich der Edukation und der Möglichkeit, Dinge zu schaffen, die von Kindern, Schulen und Erwachsenen genutzt werden können. So wird in Oberösterreich ein Brandland entstehen, das unter anderem ein Innovation Lab beinhaltet, das sich primär an die Zielgruppe von Kindern bis 14 Jahre richtet und wo man ganz stark auch Schulen einbinden wird. Wir befinden uns aktuell in der Testphase und entwickeln unterschiedlichste Stationen, um Innovation und Kreativität bei Kindern zu fördern, die man in Schulen oder anderen öffentlichen Einrichtungen nicht so ohne Weiteres zur Verfügung stellen kann. Wir legen dabei den Schwerpunkt auf die Welt des 3D-Drucks, die in unserer Gesellschaft von immer größerer Bedeutung ist. Was die Materialität betrifft, die man drucken kann, sind keine Grenzen mehr gesetzt. Die Bandbreite reicht von biosynthetischen Werkstoffen bis hin zu Beton und Stahl. Es ist unglaublich, in welche Dimension die Technologie hier fortgeschritten ist. Insofern ist dieses Projekt sicher einer der Höhepunkte dieses Jahres, das von Höhepunkten gespickt sein wird. Denn wir haben heuer ja nicht nur zehn Jahre Kulturhauptstadt Linz, sondern auch 40 Jahre Ars Electronica.
Anspruch der Ars Electronica Solutions ist es auch, Fragen des öffentlichen Interesses zu verhandeln. Inwiefern?
Wir sind zwar ein erwerbsorientiertes Bereich, aber als Teil der Ars Electronica beschäftigen wir uns mit den gesellschaftlichen Auswirkungen von neuen Technologien.
Bis Ende Mai wird im Ars Electronica Center die gesamte Main Gallery, die Hauptausstellung, erneuert, auch sämtliche Laborbereiche des Museums werden neu gestaltet. Die neue Dauerausstellung kreist um die zentrale Fragestellung, wohin es in Zukunft geht und welche Technologien uns als Gesellschaft, als Mensch jetzt wirklich in den nächsten zehn, fünfzehn Jahren massiv beschäftigen werden, wo wir die Auswirkungen auch im Alltag spüren. Und es gibt ja auf globaler Ebene viele Fragestellungen, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen, auch wenn wir in diesem wunderbaren Österreich sitzen. Von Klimawandel über Migration bis zu geopolitischen Entwicklungen – das sind alles Herausforderungen, die uns beschäftigen und wo wir mit Hilfe der Technologie Werkzeuge in der Hand hätten, um ihnen zu begegnen. Fragen des öffentlichen Interesses behandeln wir aber auch in Projekten mit Städten und Gemeinden, wo es primär darum geht, den öffentlichen Raum so zu gestalten, dass die Kommunikation zwischen BürgerIn und Stadt in eine Richtung gebracht wird, wo man als informierte/r BürgerIn dann auch partizipieren und mitgestalten kann.
Im vergangenen Jahr hat Ars Electronica Solutions auch mit der Stadt Tel Aviv zusammengearbeitet, die nicht ohne Grund als Hauptstadt der Innovation gehandelt wird. Welches Projekt wurde dort realisiert?
In Tel Aviv gibt es alljährlich eine Veranstaltung mit dem Titel „White Night“. Die weiße Stadt von Tel Aviv ist ja UNESCO Kulturerbe und im Kontext dieses Events, wo man eine ganze Nacht lang Altes und Neues feiert, haben wir ein Projekt mit der Kulturabteilung der österreichischen Botschaft vor Ort realisiert. Wir beschäftigten uns mit einer sehr spannenden Zukunftstechnologie, dem Brain Computer Interface, wo es möglich ist, Geräte über die Abnahme von Gehirnaktivitäten zu steuern und zu beeinflussen. Wir haben in Kooperation mit der oberösterreichischen Firma g.tec medical engineering gmbh einen Prototypen zum Einsatz gebracht, der die Gehirnaktivität beim Betrachten von Bildern misst und dann ein Ranking der Bilder erstellt, das von diesen Gehirnaktivitäten evaluiert wird. Wie stark das Gehirn auf bestimmte Bilder reagiert, wird massiv von der Erinnerung und der Vernetzung innerhalb des Gehirns beeinflusst. Wir haben dort Bilder aus der österreichischen Kulturhistorie, also primär Kunstwerke, und Bilder aktueller Orte in Tel Aviv gegenübergestellt und das war sehr spannend, weil Tel Aviv eine Stadt mit großem Österreich-Bezug ist und es interessant war, zu sehen, wie sich die Menschen einem neuen Interface stellen.
Abschließend noch einmal zurückkehrend zur Tabakfabrik. Das Areal ist heute ein Symbol für die fundamentale Veränderung unserer Arbeitswelt – vom industriellen Zeitalter zur Kreativ- und Netzwerkökonomie. Was können Orte wie die Tabakfabrik für die Zukunft der Arbeitswelt und des Wirtschaftsstandorts Linz leisten?
Ich glaube, dass die Tabakfabrik ein Vorzeigemodell ist, das demonstriert, wie eine solche neue Arbeitswelt und ein neues Miteinander konkret aussehen können. Deshalb glaube ich, dass die Tabakfabrik ein Inspirationsort ist und dieser neue Weg, wie man zusammenarbeitet, wie man Ressourcen teilt und wie man gemeinsam Lösungen findet, klassischen Unternehmen ebenso wie der Stadt Linz als Anregung dienen kann.