Harald Katzmair in der Tabakfabrik: Innovationsökologien im Zeitalter von Industrie 4.0

©FASresearch

Am Montag, 25.04.2016, ist der prominente Netzwerkanalyst Harald Katzmair, Leiter des Forschungsinstituts FASresearch, in der Tabakfabrik Linz zu Gast. In der Behrens Küche der Tabakfabrik Linz hält er um 18.00 Uhr einen öffentlichen Vortrag zum Thema „Innovationsökologien im Zeitalter von Industrie 4.0“: 

„Ich halte die Linzer Tabakfabrik für eines der spannendsten und bedeutendsten Zukunftsprojekte, die es zurzeit in Österreich gibt. Radikalen Zukunftswarnungen wird hierzulande kaum Gehör geschenkt. Der amerikanische Informatiker und Technologieexperte Eric Schmidt etwa hat während seiner Zeit bei Google prophezeit, dass „all jene Unternehmen, die sich über ihr Produkt oder ihre Technologie definieren, sterben werden. Es werden jene überleben, die sich über ihre Ökologie, über ihre Plattformen definieren.“

Die Linzer Tabakfabrik macht genau das. Sie ist eine Pionierin im Aufbau einer neuen industriellen Ökologie, eines transformativen Experimentier- und Lernfeldes, in dem es nicht nur um die Weiterentwicklung von Wissen und Technologien geht, sondern vor allem um die fundamentale Weiterentwicklung unseres Mind-Sets. Sie setzt sich mit der Frage auseinander, wie wir künftig in einer Industrie-4.0-Welt Innovationsprozesse denken und planen können.

Während die digitale Revolution über Europa hinwegfegt und die „Deathstar Platforms“ (Bill Johnston von Structure3C) aus dem Silicon Valley immer aggressiver das Projekt der „Exponential Disruption“ (Eric Schmidt) verfolgen, bleiben wir hier in Europa mehr und mehr ratlos zurück. Mechatronik und Maschinenbau sind noch immer das industrielle Herzstück Europas; niemand auf der Welt ist auf diesem Gebiet besser. Durch Industrie 4.0 wird diese europäische Kernkompetenz allerdings angegriffen, denn Industrie 4.0 ist kein abgelutschter Marketing-Gag oder bloß ein anderer Name für die Rationalisierung und Robotisierung der Produktion. Es geht hier um nichts Geringeres als um die Umkehrung der Machtverhältnisse.

Das Zusammenwachsen der Material-, Energie-, Logistik- und Informationsnetzwerke ist alles andere als neutral. Die Informationsnetzwerke möchten alle anderen Netzwerke dominieren. Google möchte zwar keine eigenen Autos bauen, sehr wohl aber möchte es die Software des Autos übernehmen und die Dominanzverhältnisse zu den Autoherstellern auf die gleiche Art und Weise umkehren, wie dies bereits mit den Hunderten existierenden Android-Handy-Herstellern geschehen ist. Hier geht es nicht mehr um industrielle „Brick and Mortar Production“, hier geht es um das lukrative Datengeschäft.

Die Transformationen werden in den kommenden Jahren gravierend sein. Die Tabakfabrik kann in diesem Prozess eine Art kreativ-industrielle Avantgarde in der Durcharbeitung dieser Veränderungen und der Konfrontation damit sein. Schablonendenken und Opportunismus genügen nicht mehr in dieser neuen Welt. Es braucht Menschen, die wie die Protagonisten des Bauhauses in Dessau zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Fähigkeit haben, absolut auf der Höhe der Zeit zu sein und zugleich alles von Grund auf neu zu denken. Der Vergleich mit dem Bauhaus drängt sich förmlich auf: Die Tabakfabrik als ein Bauhaus 4.0 – darin sehe ich die Rolle dieses gewagten und für die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung weit über Oberösterreich hinaus so wichtigen Vorhabens.“

(Ein Kommentar von Harald Katzmair, FASresearch)

 

Harald Katzmair hält einen Vortrag in der Tabakfabrik ©FASresearch

Harald Katzmair © FASresearch

 

Lebenslauf Harald Katzmair:

Harald Katzmair, geboren 1969 in Linz, studierte Soziologie und Philosophie. 1995 gründete er das unabhängige Institut FASresearch. Seine Forschungsschwerpunkte sind Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik sowie die Analyse von informellen Kommunikationsnetzwerken in Organisationen

Zur Blogübersicht