Informationsunterlage zur Pressekonferenz von Stadtrat Stefan Giegler und Finanzreferent Vizebürgermeister Christian Forsterleitner zum Thema „Tabakfabrik: Bauliches Herzstück wird saniert“ am Donnerstag, 30. Oktober 2014, 10 Uhr in der Tabakfabrik Linz, Klub Kantine.
Weiterer Gesprächspartner: Mag. Chris Müller, Direktor Tabakfabrik Linz
Bau 1 und Magazin III um 6 Mio. Euro auf modernen Stand gebracht –
70 Organisationen schaffen bereits jetzt mehr als 300 Arbeitsplätze
Die Tabakfabrik Linz hat sich zu einem Zentrum für kulturelle und kreative Industrien, für sozial engagierte Initiativen, für Bildungs- und Forschungseinrichtungen sowie für neue Produktions- und Manufakturstätten entwickelt. Bisher wurden bereits wieder für etwa 300 Menschen neue Arbeitsplätze geschaffen. Damit arbeiten in der Tabakfabrik heute mehr Personen als zum Zeitpunkt der Schließung der Fabrik im Jahr 2009. Derzeit sind 70 Organisationen – darunter Firmen, Institutionen oder EPUs – am Areal eingemietet.
Besonders erfreulich ist die Tatsache, dass der internationale Kreativbedarf-Großhändler boesner im Erdgeschoss des Bau 1 in der Tabakfabrik Linz einen Flagshipstore eröffnet. – Auf rund 1.000 m² wird boesner im kommenden Jahr neben Wien und Graz seine dritte Niederlassung in Österreich eröffnen und damit in Linz zehn neue Arbeitsplätze schaffen.
Nach erfolgreicher Revitalisierung des Bau 2 ist als nächster Schritt die Generalsanierung des Bau 1 und des angrenzenden Magazins III geplant. Der Kostenrahmen für die Planungsarbeiten beträgt 6 Mio. Euro für die nächsten 4 Jahre und soll dem Linzer Gemeinderat zur Beschlussfassung am 20. November 2014 vorgelegt werden. Die Investition zahlt sich aus und trägt dazu bei, dass sich die Tabakfabrik langfristig rechnet: Durch Besiedelung entstehen neue Arbeitsplätze und es fließen Mieteinnahmen zurück an die Tabakfabrik. Damit amortisieren sich die Investitionen in den nächsten 15 bis 20 Jahren.
„Die Tabakfabrik ist als Gebäude ein Architekturjuwel und als Stadtteil das Verbindungsglied zwischen der Innenstadt und dem neu zu entwickelnden Hafengebiet. Schon jetzt sind an diesem historisch bedeutsamen Arbeitsplatz mehr Menschen beschäftigt als zum Zeitpunkt der Schließung. Mit der Adaptierung weiterer Räumlichkeiten erfährt der Leuchtturm der Kreativwirtschaft eine zusätzliche Aufwertung und es erschließen sich neue Chancen für die Tabakfabrik als Produktionsstandort.“
Stadtrat Stefan Giegler, Aufsichtsratsvorsitzender Tabakfabrik Linz GmbH
„Die Tabakfabrik Linz ist ein europaweit beachtetes Stadtentwicklungsprojekt. Sie ist Symbol für Neo-Industrialisierung, Impulszentrum für Linz und wichtiges Bindeglied zwischen Kreativität, Innovation und sozialer Verantwortung. Mit dem Umbau und der Adaptierung des Bau 1 leisten wir als Stadt einen weiteren wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung der Tabakfabrik.“
Vizebürgermeister Finanzreferent Christian Forsterleitner
Bau 1: 226 Meter lang, 7 Geschoße, 30.000 m² Nutzfläche
Der Bau 1, das ehemalige Zigarettenfabrikationsgebäude, ist der langgezogene und leicht geschwungene Haupttrakt im südlichen Teil der Tabakfabrik Linz. Beeindruckend sind nicht nur seine Dimensionen mit 226 Metern Länge, sieben Geschoßen und 30.000 Quadratmeter Nutzfläche, sondern auch die klare Architektur der Neuen Sachlichkeit als einer der ersten großen Stahlskelettbauten Österreichs. Pro Ebene besteht der Bau 1 aus einer geschwungenen Säulenhalle, die sich fast in allen Etagen über die gesamte Gebäudelänge erstreckt.
Masterplan Bau 1
- Struktur
Die horizontale Strukturierung soll nach der Logik der Produktionskette erfolgen. Zwischen Stiegenhaus A und B befinden sich die Schwerpunkte Kunst, Forschung und Bildung, zwischen Stiegenhaus B und C Design und Kreativwirtschaft sowie zwischen Stiegenhaus C und D Gewerbe und Handwerk. Die vertikale Gliederung richtet sich nach Produkt-, Branchen und Kooperationszusammenhängen. Ein Beispiel dafür wäre ein Schwerpunkt für Mode und Textilverarbeitung auf der gesamten Ebene eines Geschoßes. So wird die Produktionskette entlang der einzelnen Fertigungsschritte sichtbar gemacht.
- Maßnahmen zur Vermietbarkeit des Bau 1
Diese Maßnahmen umfassen den vorbeugenden Brandschutz, grundlegende Installationen sowie die Erneuerung der Lifte in den bestehenden vier Liftschächten.
- Maßnahmen zum Ausbau des Bau 1
Die vorhandenen Flächen sollen in unterschiedlichen Ausbaustufen und in Absprache mit den künftigen MieterInnen modernisiert werden. Die Möglichkeiten reichen vom Rohbau bis zu hochwertig ausgestatteten Raum- in Raum-Systemen. Die Sanierungskosten werden demnach etwa zwischen 600 und 1.800 Euro pro Quadratmeter betragen.
- Maßnahmen zur Adaption im Magazin III
Durch geringfügige Adaptionen des Magazins III sollen Lagerflächen für die künftigen MieterInnen in Bau 1 bereit stehen. Außerdem soll die Hauswerkstätte der Tabakfabrik Linz GmbH dort untergebracht werden.
- Kosten: 6 Mio. Euro
In den Jahren 2015 bis 2018 sollen insgesamt 6 Mio. Euro aus den Investitionsmitteln der Immobilien Linz GmbH & Co KG (ILG) für dieses Projekt verwendet werden.
- Zeitplan: 2015 bis 2018
In einer ersten Etappe sollen in den nächsten Monaten die notwendigen Planungsschritte für das gesamte Sanierungskonzept sowie erste Infrastrukturmaßnahmen erfolgen. In der zweiten Etappe ab Herbst 2015 bis zum Frühjahr 2018 werden weitere Ausbaumaßnahmen gesetzt. Nach der durchschnittlichen Ausstattungsnachfrage kann mit einer fertigen Sanierung von bis zu 8.000 Quadratmetern – knapp ein Drittel der Flächen des Bau 1 – gerechnet werden.
- Erdgeschoß: Flexibel nutzbare Veranstaltungs- und Verkaufsflächen
Fixe Einzelhandelsflächen als auch flexibel nutzbare Veranstaltungs- und Verkaufsräume sollen das Erdgeschoß beleben. Der Zugang erfolgt über die vier Stiegenhäuser. Weitere Zugänge ergeben sind auch über die Lösehalle. Der ursprüngliche Charakter der Tabakfabrik wird im Bau 1 weitgehend erhalten. Erfolgreiche Beispiele dafür sind z.B. die „WearFair & mehr“-Messe (siehe Bild).
- Magazin III: Lager und Logistik
Das Magazin III ist durch mehrere Verbindungsgänge direkt vom Bau 1 aus erreichbar. Das Erdgeschoß bildet durch den Anschluss an die hintere Zufahrt und die beiden Lastenlifte einen zentralen Logistikknoten. Dies prädestiniert das Magazin III dafür, von den im Bau 1 angesiedelten Organisationen als Lagerfläche genutzt zu werden. Das Erdgeschoß soll darüber hinaus auch eigenen Hauswerkstätten Platz bieten.
- „Behrens-Band“: Logistikring verknüpft alle Gebäude im Inneren
Die logistische Logik des Areals weist einen signifikanten Wesenszug der Tabakfabrik auf, den es bei der Neugestaltung des Bau 1 zu berücksichtigen gilt: das „Behrens-Band“ (benannt nach dem Schöpfer der Tabakfabrik, Anm.). Die zentrale innere Verbindungsstraße verknüpft in Form eines Logistikrings alle kreisförmig um den Innenhof gruppierten Gebäude intern miteinander und ermöglicht so einen kilometerlangen Rundgang durch das gesamte Architekturensemble. Dies gilt es auch in Zukunft zu erhalten. Das verbindende „Behrens-Band“ ist die architektonische Visualisierung des inhaltliche Konzeptes der Tabakfabrik Linz und somit prädestiniert für ein zugkräftiges Alleinstellungsmerkmal.
Erfolgsmodell Tabakfabrik
- Hohe Nachfrage: 253 Anfragen für 56.150 m² Nutzfläche
Die 253 Ansiedelungsanfragen von Betrieben, EPUs, Kulturvereinen, Sozialeinrichtungen oder Startups für 56.150 Quadratmeter Mietflächen in der Tabakfabrik zeigen den großen Bedarf am Ausbau des Bau 1 mit einer Gesamtfläche von 30.000 m² auf sieben Geschoßen.
- Internationales Beispiel für „Best Practice“
Zahlreiche internationale Einladungen zur Präsentation des Konzepts „Tabakfabrik Linz“ als Best Practice-Beispiel bei Stadtentwicklungs- oder Zukunftskongressen u.a. nach München, Vilnius, Berlin oder Wien sind ein unmissverständlicher Beweis für den hohen Innovationsgrad und Erfolg des Projekts. Die behutsame Form der Transformation und Gestaltung der Tabakfabrik wird international als erfolgreiche Methode angesehen.
- Schnittstelle zwischen Stadtzentrum, Donaulände und Hafen
Die Tabakfabrik an der Schnittstelle von Stadtmitte, Donau und Hafen schließt nicht nur eine Lücke zwischen dem Zentrum, dem anschließenden Kultur- und Freizeitraum der Donaulände und dem sich entwickelnden Hafenviertel, sondern nimmt auch durch die Konzentration auf kulturelle und kreative Industrien eine Schlüsselrolle für die zukünftige Gestaltung von Linz ein. Die Entwicklung der Tabakfabrik geht synchron mit der zentralen urbanen Planungsstrategie, die Linzer Innenstadt in Richtung Osten entlang der Industriegebiete des Donauhafens und des voestalpine-Areals zu erweitern. Durch den geplanten Bau der 2. Schienenachse wird die Tabakfabrik auch an das Straßenbahnnetz angeschlossen.
- Neues Studium der Kunstuniversität
Das Studium „Fashion – Design & Technology“ der Kunstuniversität beginnt im Herbst 2015 und wird im Bau 1 der Tabakfabrik ein neues Domizil erhalten. Es werden ähnlich attraktive Räume für die Studierenden geschaffen, wie es bereits im Bau 2 erfolgreich gelungen ist.
Tabakfabrik Linz: Vorgeschichte und Denkmalschutz
Der Beginn der Tabakfabrik geht auf die öffentliche Notstandsgründung (Arbeitsplatzbeschaffung) in der ehemaligen Wollzeugfabrik im Jahr 1850 zurück. Der Neubau gelang in den Jahren 1928-35 nach den Entwürfen der Architekten Peter Behrens und Alexander Popp.
Der Baubeginn startete 1930 mit dem fünfgeschoßigen Tabakspeicher 2 als Stahlbetonskelettbau. Es folgte das geschwungen ausgebildete Zigarettenfabrikationsgebäude (Bau 1) mit Keller- und sechs Obergschoßen, das 226 Meter lang, 16 Meter breit und 28 Meter hoch ist. Die Konstruktion besteht aus einem 3.000 Tonnen schweren Stahlgerippe. Im Frühjahr 1932 begann der Bau für die sechsgeschoßige Pfeifentabakfabrik (Bau 2). Anschließend entstand das Kraftwerk im Hof mit einer Sonderfinanzierungsaktion. Die Tabakfabrik wurde am 12. November 1935 eröffnet.
In den Jahren 1981 bis 1982 erfolgte die schon in den 1930er-Jahren geplante Erweiterung im westlichen Teil des Grundstücks mit dem Bau 3 durch das Architekturbüro Suter & Suter. Im Bau 3 waren Verwaltung, Endverpackung, Hochregallager und Verkaufslager untergebracht. Der Bau 3 und die im Jahr 1969 eingebauten Magazine A und B sind die einzigen nicht denkmalgeschützten Gebäude auf dem Areal der Tabakfabrik.
Privatisierung und Kauf durch Stadt Linz
Im Jahr 1997 übertrug die Republik Österreich als alleinige Eigentümerin von Austria Tabak ihre Anteile an die ÖIAG. Diese verkaufte 49,5 Prozent der Aktien an institutionelle und private Aktionäre. 1999 wurden weitere 9,4 Prozent an institutionelle Anleger verkauft. Im Jahr 2001 erfolgte die Privatisierung von Austria Tabak und der Verkauf der Firma an die britische Gallaher Group, die 41,1 Prozent erwarb und ein Übernahmeangebot legte, das angenommen wurde. 2007 erfolgte die Übernahme durch Japan Tobacco International. 2008 wurde der Beschluss gefasst, das Werk in Linz zu schließen. Ein Jahr später beendete der japanische Konzern die Zigarettenproduktion in Linz. Damit ging eine 159-jährige Ära österreichischer Industriegeschichte zu Ende. Durch den Kauf der Stadt Linz im Dezember 2009 konnte das großteils denkmalgeschützte Gebäudeensemble der Tabakfabrik gerettet und für neue zukunftsorientierte Nutzungen geöffnet werden.
Bau 2 – Pfeifentabakfabrik
In ein zeitgemäßes Bürogebäude mit dem besonderen Charme eines denkmalgeschützten Industriedenkmals wurde der Bau 2 (Kopfgebäude) der Linzer Tabakfabrik an der Donaulände von Februar 2013 bis Jänner 2014 umgebaut.
Das einstige Produktionsgebäude für Pfeifentabak beherbergt im Erdgeschoß den Einrichtungsshop von Heinz Hochstetter, den Concept Store „Salon Hochstetter“, die „Lohnerwerke“, das „Küchenwerk“ und das Fotostudio „Gortana Fotografie“.
Im ersten Obergeschoß ist der Coworking Loft „Axis“ situiert. Das zweite und dritte Obergeschoß mietet die auf digitale Medien spezialisierte Agentur Netural. In das vierte Obergeschoß sind das Architekturbüro „Kleboth Lindinger Dollnig“, das „DonauRAUM Immobilienbüro“ und die Agentur „Kernkompetenzen“ eingezogen.
Jede Ebene des Bau 2 bietet etwa 600 Quadratmeter Nutzfläche. Für die Adaptierung wendete die Stadt Linz 5,52 Millionen Euro auf. Der Umbau wurde vom Büro „Kleboth Lindinger Dollnig“ geplant und vom städtischen Gebäudemanagement geleitet.