Das neue Erdgeschoss des Bau 1 der Tabakfabrik Linz als urbanes Wohnzimmer
Das markanteste Gebäude der Tabakfabrik Linz, aufgrund seiner Aufsehen erregenden Krümmung im Volksmund auch „Banane“ genannt, ist der Bau 1. Ab dem Spätsommer 2018 wird das Erdgeschoss des Bau 1 umgebaut sein und eine Lifestyle-Welt eröffnen, die gleichzeitig Wohnzimmer, Veranstaltungslocation und Pop-up Mall ist. Auf einer Fläche von über 5.000 Quadratmetern entstehen gastronomische Angebote, Shops, Rückzugsorte und Begegnungszonen, die den Alltag vergessen lassen. Mit dem Innenraum-Design wurde der renommierte, in Wels geborene Designer und Architekt Gregor Eichinger betraut, der etwa das Café-Restaurant “Halle“ im Wiener Museumsquartier gestaltet hat. Gregor Eichinger war und ist regelmäßig bei bedeutenden Architektur- und Designausstellungen, wie der Biennale in Venedig oder der Triennale in Mailand, vertreten und unterrichtet an namhaften Universitäten.
„Ich mag das Gebäude wahnsinnig gerne, die Materialität und Proportionen. Die Architektur von Peter Behrens denkt an den Menschen in allen Details, das ist nicht einfach nur Grandezza. Die Tatsache, dass die Hallen aufgrund ihrer Krümmung kein Ende haben, erzeugt das Gefühl von Größe und anderen Zusammenhängen, man wird herausgehoben aus dem Alltag. Peter Behrens zeigt mit dem Bau 1, was Architektur Positives leisten kann und wie Architektur unser Leben schöner und besser machen kann“, sagt der Architekt und Designer Gregor Eichinger, der auch an der Peter Behrens School of Architecture in Düsseldorf unterrichtet hat.
Der Spirit von Peter Behrens, der im Bau 1 überall spürbar ist, diente Gregor Eichinger und seinem Team als Inspirationsquelle. Gleichzeitig bleibt auch die Geschichte des einstigen Zigarettenfabrikationsgebäudes lebendig.
„Die Architektur hat einen ehemaligen Content, die Tabakwelten, die wir allerdings nicht als Konsumgut lesen wollen, sondern als internationaler Handelsort, verbunden mit der Welt. Und diese Materialien, die Werkzeuge der Vergangenheit, wird man ein bisschen spüren. Wir leiten die Materialität von der Sprache Behrens‘ ab, aber wir wiederholen sie nicht, sondern führen sie weiter – die Idee des mobilen Transports, die kulturellen Bestandteile der Fabrikation“, so Eichinger.
Wer den Bau 1 durch seinen neuen Eingang betritt, wird sich in einer Arena wiederfinden. Auf der rechten Seite bilden Sitzstufen Tribünen, die bis zum ersten Obergeschoss reichen.
„Die Arena war in der Antike immer der Versammlungsort, wo man jene Dinge besprochen hat, die alle betreffen, wo man sich aufhalten kann. Ein Ort, den man verwendet, um etwas zu kommunizieren, zu diskutieren. Und jeder, der den Bau 1 betritt, ist gleich mitten drin, weil sich die Arena im zentralen Eingangsbereich befindet. Wir können dort sitzen, Mittag essen, schauen wer kommt, einem Vortrag lauschen, Diskussionen führen. Und die Leute, die durchgehen, stören nicht, sondern gehören dazu. Sie sind ein Zeichen der Lebendigkeit der gesamten Anlage“, sagt Gregor Eichinger.
Um die Orientierung auf dem rund 80.000 Quadratmeter großen Areal zu erleichtern, entsteht im neuen Entree ein Empfangsbereich inklusive Concierge, der wie die Rezeption in einer Hotellobby als zentrale Service-Anlaufstelle für alle BesucherInnen und MieterInnen der Tabakfabrik dient. Zusätzlich wird im Foyer ein Informationssystem mit Touchscreens allgemeine Auskünfte geben und aktuelle Neuigkeiten aus der Tabakfabrik verlautbaren.
Über diesem Empfangsbereich sorgt ein großzügig gestalteter Luftraum für Weitblick und gewährt Aussicht auf das darüber liegende Stockwerk. Rund um die Rezeption erstreckt sich eine Landschaft aus Lounge-Sitzgelegenheiten, Arbeitstischen für Coworking, Bücherecken und zurückgezogenen Leseplätzen, die Wohnzimmeratmosphäre vermittelt. Über einem neuen, rund 200 Quadratmeter großen Café künden alte Leuchtbuchstaben, die den Schriftzug FALK formen, von der Vergangenheit des Bau 1.
„Das Café ist Teil der Textur des Gebäudes und kein geschminktes, hochgezüchtetes Ereignis. Es sagt nicht ‚Hallo, ich bin eine coole Bar‘, sondern ist so eingebettet, dass es für die Gesamtanlage spricht“, sagt Gregor Eichinger.
Zu einem ganz besonderen Erlebnis verspricht allerdings der Besuch des stillen Örtchens zu werden. „Wir machen die Toiletten sehr attraktiv, damit die Leute darauf neugierig sind und erst später merken, was das ist. Es handelt sich um ein sehr persönliches Bedürfnis, für gewöhnlich muss man komplizierten Leitsystemen folgen, um ihm nachzukommen. Wir gestalten es so, dass die Toiletten echte Player sind, sehr sichtbar und sehr sympathisch. Wir drehen den Spieß ein wenig um, schließlich handelt es sich um ein dringendes Bedürfnis, da kommt der Kaffee leider erst an zweiter Stelle“, so Eichinger.
In den historischen Säulenhallen links vom Eingangsbereich, direkt neben der Lösehalle, entsteht eine Pop-Up Mall mit temporär nutzbaren Shops. Unter dem Titel „Try & Buy Area“ wird dort präsentiert, was in der Tabakfabrik produziert wurde. Gleichzeitig soll die Pop-up Mall auch wechselnde Themenschwerpunkte zu aktuellen Trends bieten.
Die Lösehalle – jener Ort, an dem einst hunderte FabriksarbeiterInnen Tabakblätter vom Strunk lösten – verwandelt sich in einen lichtdurchfluteten Marktplatz und Event Space für Produktpräsentationen, Feierlichkeiten oder Kongresse. Flexible Modul- und Trennwandsysteme garantieren größtmöglichen gestalterischen Spielraum. Gregor Eichinger: „Man muss sich von Konventionen befreien und einfach eine gewisse Leichtigkeit vermitteln. Ein guter Vergleich ist, dass der Verkehr besser funktioniert, wenn man die Verkehrsschilder weglässt. Das gemeinsame Wohnzimmer funktioniert auch nur dann, wenn ich auf die anderen Rücksicht nehme. Es wird zu einer Begegnungszone, zu einem selbst verantworteten Gemeinsamen, wo man trotzdem nicht untergeht in der Masse.“