Wie ein „Leonardo von Linz“ arbeitet Robert Oltay an den Wänden der Lösehalle in der Tabakfabrik Linz. Auf einer Fläche von rund 60 Quadratmetern behandelt der Linzer Künstler aktuell Aspekte der Gegenwart und verwebt diese mit der Darstellung der einzigartigen Architektur des Industriejuwels. Ab August erfolgt ein künstlerischer Ausblick auf die Zukunft – ebenfalls als Wandgemälde.
85 Jahre nachdem 1935 das Fresco „Trachtenpärchen“ des Linzer Malers und Kunstlehrers Herbert Dimmel (1894-1980) anlässlich der Fertigstellung der heute denkmalgeschützten Teile der Tabakfabrik nach Plänen der Architekten Peter Behrens und Alexander Popp entstand, verewigt sich mit Robert Oltay wieder ein Künstler auf den Wänden der Lösehalle. Wo früher vor allem Frauen Tabakblätter für die Zigarettenproduktion aus den Ballen lösten, finden heute Messen, Kongresse und Kulturveranstaltungen aller Art statt. Die Lösehalle hat sich zu einem Ort gewandelt, an dem drängende Fragen der Gegenwart verhandelt und im besten Falle gelöst werden.
„Peter Behrens hat die Tabakfabrik als Lebens- und Arbeitswelt im Stil der Neuen Sachlichkeit entworfen und für die Belegschaft durch Architektur, Kunst und Design ein inspirierendes Umfeld geschaffen. Mit dem Wandgemälde von Robert Oltay in der Lösehalle, aber auch mit eigenen KünstlerInnen-Ateliers im Art-Magazin an der Donaulände führen wir diese großartige Tradition gerne fort. Auch deshalb, weil wir fest daran glauben, dass sich dort, wo Kunst eine Rolle spielt, Kreativität und Unternehmertum noch besser entfalten können“, sagt Chris Müller, Direktor für Entwicklung, Gestaltung und künstlerische Agenden der Tabakfabrik Linz.
„Die Tabakfabrik hat seit meinem Studium an der Kunsthochschule Linz eine große Anziehung auf mich. Umso mehr freue ich mich, in der Lösehalle malen zu dürfen. Der Raum, seine Erfassung und die Umsetzung auf einer zweidimensionalen Fläche dieses Ausmaßes ist eine besondere Herausforderung“, sagt Robert Oltay.
Der im deutschen Aachen geborene Künstler arbeitet seit dem 9. Juni in der durch Corona außergewöhnlich selten bespielten Lösehalle und muss bauliche Gegebenheiten wie Türen oder Lüftungsschächte in sein Werk miteinbeziehen.
Neben Details, wie seinem Hund, der zu Dimmels Wandbild aus 1935 hinüberschaut und so eine Verbindung beider Werke herstellt, zeigt Oltays sehr persönliche Darstellung die Gegenwart von 2020 als digitales Zeitalter, als Informationsgesellschaft an der Schwelle zur künstlichen Intelligenz mit Laboren, Messgeräten und Apparaturen; am Himmel ist ein Satellit zu sehen. Zum ursprünglichen Konzept kamen noch Figuren, die Corona und die Umweltproblematik der Gegenwart berühren. Insofern können die Wandgemälde in der Lösehalle auch als drei Momentaufnahmen, als Trilogie Vergangenheit (Dimmel), Gegenwart und Zukunft (beide Oltay) interpretiert werden.
Am 9. Juli will Oltay den ersten Abschnitt seines Wandgemäldes beenden, eher er im August auf der anderen Seite der Lösehalle weiterarbeiten wird und dort einen Brückenschlag in die Zukunft anstrebt. Angesiedelt im Zeitraum 2100 bis 2120 möchte der Maler ein Morgen ohne Ausbeutung menschlicher und natürlicher Ressourcen darstellen, eine Epoche des Glücks in einer intakten Umwelt, der Kreativität und der Zeit für sich und die anderen.
DATEN & FAKTEN
- Länge des Wandgemäldes (über eine Ecke): 12,22 m, (7,82 und 4,40m).
- Höhe: 3,65 m bis 5,45 m