Willkommen in der Tabakfabrik: Ars Electronica Solutions

Michael Badic und Bernd Albl

Geocity, Brain Battle, Innovisionboard, Librovision, Shadowgram: So die Namen einiger Produkte des neuen Zweigs der Ars Electronica, der AE Solutions. Seit drei Monaten tüfteln die EntwicklerInnen und ProgrammiererInnen nun direkt neben unseren Büroräumen an Ideen, die vor dreißig Jahren noch als Sciene Fiction gegolten haben.

Bei Brain Battle beispielsweise können zwei SpielerInnen  mit Brain-Computer-Interfaces zum ultimativen Zweikampf der Gehirne antreten. Dabei gilt es den Spielverlauf jedoch nicht nur mit Hilfe der Gedanken zu gestalten, das Interface erlaubt es auch, Neigungen des Kopfes sowie Bewegungen der Gesichtsmuskulatur als Interaktionsform zu verwenden. Im Rahmen des Cadet Forschungsprojekts wurde Brain Battle im Jänner beim Techkriti Festival im indischen Institute of Technology in Kanpur gezeigt und fand dort große Beachtung.

Wir haben uns mit den beiden Directors Michael Badics und Bernd Albl unterhalten, um mehr über die AE Solutions zu erfahren:

Thomas Diesenreiter: Hallo Bernd und Michael, erklärt doch bitte kurz, wer ihr seid, und was ihr bei AE Solutions macht.

Bernd Albl: Als Directors von AE Solutions sind wir für den Aufbau, Betrieb und Weiterentwicklung des jüngsten Geschäftsbereichs des Ars Electronica verantwortlich. Michael übernimmt dabei die technische Leitung der in AE Solutions entwickelten Lösungen und ich decke die kaufmännischen und die marketingrelevanten Aspekte ab.

Michael Badics und Bernd Albl

TD: Die AE Solutions ist ein sehr junges Projekt, warum wurde es gegründet, und was ist euer Ziel?

BA: AE Solutions analysiert die Forschungs- und Projektergebnisse des Ars Electronica Futurelab auf ihre Verwertbarkeit und Brauchbarkeit für ein branchenübergreifendes Kundenspektrum und entwickelt gegebenenfalls aus diesen Prototypen serienreife Produkte. Aus diesem Kontext entstehen innerhalb von AE Solutions durchwegs interaktive Produkte und Dienstleistungen, die an die jeweilige Kundensituation und Kundenanforderung angepasst werden können.

TD: Eure Firma würden die meisten als klassisches Unternehmen in der Kreativwirschaftsbranche einordnen. Bist du mit diesem Begriff zufrieden?

BA: Unser Fokus liegt auf technisch kreativen Lösungen zur Informations- und Eventvisualisierung, welche von klassischen Unternehmen der Kreativwirtschaftsbranche wie Kommunikationsagenturen im Rahmen von Kundenkampagnen/Aktionen zum Einsatz kommen. Unsere Lösungen zeichnet einer hoher Grad an Kreativität und Innovation aus, was diese auch für Unternehmen aus Handel, Tourismus, Automobil, Infrastruktur, Konsumgüter und High-Tech von Interesse macht.

Michael Badics: Ich bin nicht ganz zufrieden mit dem Begriff Kreativwirtschaft, da hat man sofort ein bestimmtes Bild im Kopf. Ich sehe das auch aus einer anderen Perspektive, aus jener der Gesellschaft. Mir geht es um Fragen des öffentlichen Interesses und darum, Projekte zu realisieren, die nicht nur einer Firma zu Gute kommen, sondern auch einem größeren  Teil der Gesellschaft helfen. Ein gutes Beispiel ist die Open Data Initiative, bei der BürgerInnen das Recht einfordern, öffentliche Daten auch verwenden und verwerten zu können. Wo auf kreativem Wege Neues entstehen kann, dass nicht nur dem Einzelnen zu Gute kommt, sondern eben allen Menschen.
Wir sind zwar ein gewinnorientiertes Unternehmen, versuchen dabei aber der Gesellschaft etwas zurückzugeben. Es geht um Fragen des Zugangs und um die große Frage: Wohin verändert sich unsere Gesellschaft überhaupt? Wie können neue Formen des gemeinsamen Agierens, des gemeinsamen Wirtschaftens aussehen?

TD: Ihr habt im November Büroräume in der Tabakfabrik bezogen, wie ist es dazu gekommen?

MB: Die vorhandene Infrastruktur, die Rahmenbedingungen, das zielorientierte Zusammenarbeiten mit den Verantwortlichen im Haus und die Synergieeffekte, durch die Etablierung einer Kreativszene in der Tabakfabrik waren ausschlaggebende Gründe.

TD: Was erwartet ihr euch persönlich von der Tabakfabrik? Wohin soll sie sich entwickeln?

BA: Die Tabakfabrik soll ein Spielplatz der Kreativität werden. Unternehmen sollen hier eine Plattform zum Austausch aber auch Projekten eine Grundlage zur erfolgreichen Umsetzung geboten werden.

MB: Ich erwarte mir, dass sich in der Tabakfabrik prototypisch neue Formen der Kreativität und des Wirtschaftens entwickeln. Die Dynamik muss aus der Mischung der hier ansässigen Menschen und verschiedenen Unternehmen wachsen. Man darf also nicht schrebergartenmässig nebeneinander herleben, sondern soll sich ruhig auch gemeinsam aufs Glatteis trauen und neue Formen der Zusammenarbeit auszuprobieren. Und das heißt nicht nur anlassbezogen zu kollaborieren, wenn der eine zum Beispiel gerade mal eine Grafikdesignerin für einen Auftrag sucht. Nicht nur Nachbarschaftshilfe auf Anfrage leisten! Sondern wir müssen uns einen offenen Geist für Neues bewahren, und dürfen nicht nur business bezogen denken und interagieren. Es sollte sich ein Spirit am Gelände entwickeln, der neue Ideen und neue Ansätze fördert. Wir brauchen einen Pool an Menschen, Know How, Kreativität und Leidenschaft, der aus sich selbst heraus zu wirken beginnt.

TD: Wo seht ihr die größten Herausforderungen bei der Entwicklung des Areals?

BA: Die Erschließung und „Entstaubung“ des gesamten Areals und Berücksichtigung der denkmalgeschützten Richtlinien.

MB: Wir müssen uns genug Zeit verschaffen, um diese Prototypen der neuen Zusammenarbeit entwickeln und ausgiebig teste zu können. Natürlich sind Effizienz und Finanzierung immer wichtige Aspekte, aber es wird so wie immer Zeit brauchen, um neue Ideen systemisch zu etablieren. Es braucht Zeit und Ressourcen, um Output generieren zu können, und dieser muss nach Innen und nach Außen kommuniziert werden. Und da wird auch Output entstehen, der quantitativ schwer messbar sein wird, das wird eine große Kommunikationsherausforderung.

TD: Danke für das Gespräch!

Weitere Infos findet ihr unter www.aec.at/solutions

beteiligte PionierInnen

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