Der Linzer Hannes Langeder ist Künstler, Kulturarbeiter, Mitgründer des Instituts für erweiterte Kunst IFEK und generell ein sympathischer Zeitgenosse. Mit seinem Autofahrrad Ferdinand 911 GT3 RS hat er einiges an Aufmerksamkeit auf sich gezogen, ein Video wurde schon von mehr als 2 Millionen Menschen gesehen. Sein aktuelles Werk, der Fahrradi Farfalla, wird diesem Samstag, den 24. März im Rahmen der CAR CULTURE Ausstellung im Lentos der Weltöffentlichkeit erstmals präsentiert. Entstanden ist es am Gelände der Tabakfabrik, in der Langeder ein Atelier bezogen hat. Wir haben mit ihm über seine Fahrräder und seine Vision der Tabakfabrik gesprochen:
Thomas Diesenreiter: Hallo Hannes! Seit wann arbeitest in der Tabakfabrik?
Hannes Langeder: Seit März 2011. Im November 2010 bekam ich den Auftrag für ein neues Objekt. Da das Nisslmüller leider schon abgerissen war, habe ich mich auf die Suche nach neuen Räumlichkeiten gemacht. Ich brauchte etwas ebenerdiges, mit einem großen Tor und viel Platz im Inneren. In der Innenstadt kann man kann sowas fast nicht finanzieren, ich habe eine Familie mit drei kleinen Kindern und kann keine großen finanziellen Experimente machen. Ich habe lange nichts passendes gefunden. Ich hab dann einige Ansuchen geschrieben und bin per Zufall auf die Tabakfabrik gekommen. Die Presseberichte im Stern, Spiegel, ARD, ProSieben, etc. haben aber sicher geholfen, dass sich der Zwischennutzungsausschuss der Tabakfabrik entschieden hat, mir ein Atelier zu geben.
TD: War dir bewusst, dass du der erste fixe Nutzer bist?
HL: Klar. Es war spannend, da ich die ganze Entwicklung von Anfang an beobachten konnte. Ab und zu gab es große Events, danach war wieder wochenlang Stille. Lustig war es schon, das eremitische, diese Stille. Und auf einmal, zack, wieder 1000e Leute im Hof, ziemlich steil.
Aber das war auch ein zweischneidiges Schwert. Andere Leute, die die selben Interessen haben, sind wichtig, die fehlen noch. Besonders wenn Probleme auftauchen, braucht man Gleichgesinnte, um darüber sprechen zu können. Für mich sind da also die wirklichen KünstlerInnen interessant, weniger die kommerzielleren MieterInnen.
TD: Woran hast du jetzt in der Tabakfabrik gearbeitet?
HL: Hauptsächlich hab ich an dem Fahrradi gearbeitet, der jetzt im Lentos zu sehen sein wird. Der hätte eigentlich schon im August fertig sein sollen, für einen Filmdreh in Monaco. Ich hab überraschend umsiedeln müssen, daher hat das alles länger gedauert. Dann habe ich dazwischen noch ein anderes Objekt gemacht, den Bugatti Veyron, der in der Energie AG und der Landesausstellung ausgestellt wurde. Eine Attrappe, die man sich in die Garage stellen kann, so ist das zustande gekommen.
Der Ferdinand war eine 1:1 Kopie vom GT3, der Fahrradi hingegen ist ein fiktives Fahrzeug, ein Auto, das erst ist der Zukunft auftauchen kann. Ich hab gehört, dass Ferrari eine Auflage vom Topmodell vom Enzo Ferrari plant. Ich habe versucht aus verschiedenen Designentwürfen aus dem Internet, dem alten Modell und meinen eigenen Vorstellungen in hellseherischer Absicht das neue Modell vorauszuahnen. Grund war natürlich, dass beim Ferdinand aus dem Motorsportbereich ganz heftige Reaktionen gekommen sind. Sogar BBC Topgear hat mich eingeladen, anscheinend die Nummer 1 Motorsportsendung der Welt. Das hab ich übrigens vorher auch nicht gewusst, aber mit der Zeit kriegt man viel Insiderwissen.
Aus der Motorsportabteilung kam viel Interesse, also wollte ich noch eins drauflegen. Ich habe versucht, ihn noch langsamer zu machen. Das Superlativ in die andere Richtung toppen! Mit einer noch langsameren Übersetzung! Ich hab ihm den Beinamen Fafalla gegeben, Schmetterling. Er hat einen Umlenkmechanismus, damit er beim fahren die Flügeltüren bewegen kann, wie ein Schmetterling. Damit man in speziellen Situationen auch abheben kann, und damit der Innenraum besser belüftet wird.
TD: Wie reagieren die Leute auf deine Autos?
HL: So wohl auf der Straße, als auch im Internet war das Feedback durchgehend positiv. Es hat auf mehreren Ebenen gut funktioniert. Es war nicht fürs Museum konzipiert, es war als Kunst im öffentlichen Raum gedacht. Das Video auf Youtube hat dann aber das meiste Feedback ausgelöst.
Das superlangsame an den beiden Objekten ist das wesentlichste, etwas ganz eigenes, was du mit sonst keinem Fortbewegungsmittel hast. Mir ist dann aufgefallen, dass Leute die mitfahren sind, oft geglaubt haben, dass sie schnell fahren müssen und anfangs voll reingetreten haben. Das hat sich aber meist recht schnell reguliert, besonders beim Bergauf fahren. Das ist ja der Knackpunkt, etwas der Zeit entgegenzusetzen. Man ist heutzutage ja ständig in einem totalen Wirbel drinnen, mein Auto ist ein Gegenpol dazu.
Einmal ist Porschebesitzerin vor meiner Garage gestanden, die hat gescherzt, dass ihr meiner besser gefällt. Ein ander Mal hat mich ein Audi 80 so richtig versaugt, dem hat es sichtlich einen Spaß gemacht, endlich einmal einen Porsche zu überholen.
TD: Wirst du weiter in der Tabakfabrik arbeiten?
HL: Ja, klar. Mein nächstes Fahrzeug wird eine Yacht, die Gute Miene Honigbiene, gefördert vom Linz Impulstopf. Eine Luxusjacht! Dafür hätte ich jetzt noch gerne einen Zufahrtskanal von der Donau in die Tabakfabrik. (lacht)
TD: Wohin soll sich die Tabakfabrik deiner Meinung nach entwickeln?
HL: Die Spinnerei Leipzig wäre ein super Vorbild, wie das hier funktionieren könnte. Die hat von totaler Subkultur bis zur elitären Hochkultur alles, auch Galerien und eine Kunstuniversität, so eine Mischung stell ich mir vor.
Ich hab einmal dort ausgestellt, die KünstlerInnen haben dort einfach riesige Ausstellungsflächen zur Verfügung, ein großer Vorteil. Ich finde es daher total schade, dass die Linzer Kunstuniversität noch nicht da in der Tabakfabrik ist. Mit Skulpturen und Bilder braucht man viel Platz und den gibt es hier halt. Das ist eine einmalige Chance! Das Platzproblem ist ja ein ständiges bei den Kunstuni-StudentInnen. Man braucht als Künstler ja nicht immer eine perfekte Infrastruktur, es muss nicht in jedem Raum Internetanschluss vorhanden sein, damit man als Künstler arbeiten kann. Wichtig ist, dass man viel Platz zur Verfügung hat.
In Linz gibt es auch ein strukturelles Problem: Was haben die Leute nach der Kunstuni für eine Perspektive? Rein kommerzielles Arbeiten? Man bräuchte prominente Galerien, die auch international vernetzt sind, die über die Stadtgrenzen hinaus arbeiten und wirken können, das gibt’s in Linz ja leider nicht.
Ich finde es schade, dass man es nach der Ars Electronica, die international immer noch hohes Renommee genießt, das selbe nicht im bildnerischen Bereich geschafft hat. Und was will man mit der Oper zwischen Wien und Salzburg noch für Akzente setzen? In Linz hat man mit der Kunstuniversität in einem bildnerischen Zusammenhang großes Potential und Chance, und da könnte man mit dem Gelände der Tabakfabrik einen weiteren Schritt in die richtige Richtung setzen. Man sollte sich das Modell Leipzig ansehen, auch wenn das natürlich aus einem anderen geschichtlichen Zusammenhang kommt.
TD: Wie viel Kunst braucht die Tabakfabrik?
HL: So viel es geht! Man sollte davon ausgehen, dass man das ganze Areal der Kunst widmet. Die Kunst und die KünstlerInnen sollen die besten Plätze bekommen, wenn am Schluss ein Kammerl für die Wirtschaft übrig bleibt, solls mir recht sein.
Es braucht Ausstellungsräume in Linz! Vielleicht schafft man es, ein paar Spitzengalleristen in die Fabrik zu holen. Hier gibt es dutzende super Ausstellungsräume und Lagerräume, die man sich nur aneignen muss. Es wäre ja ein irres Potential im bildenden Bereich da, man muss sich da nur stark genug machen, und stark genug auftreten. Das hätte ja auch für den Tourismus Umwegrentabilitäten.
Um wieder auf Leipzig zurückzukommen: Da gibt es zwei mal im Jahr einen Gallerienrundgang, da kommen an einem Wochenende 5.000 Leute, aus dem Kunstbereich, aus dem internationalen Milieu. Vielleicht kann so etwas auch in der Tabakfabrik passieren.
TD: Danke für das Interview!
Mehr Informationen zu Hannes Langeder findet ihr auf seiner Homepage: http://johannes-l.net/