Im Sinne des Innovationszyklus: Chris Müller übergibt zwei Jahre vor Vertragsende ein ausvermietetes Areal in der Gewinnzone und schenkt sich ein „neues Leben“ als Unternehmer, Consultant, Vortragender, Autor und Reisender.
Nach 4.135 Tagen im Dienst der Tabakfabrik Linz verlässt Direktor Chris Müller zum 30. April 2023 die städtische Entwicklungs- und Betriebsgesellschaft und feiert am 1. Mai den „Tag der neuen Arbeit“. Er übergibt damit ein wirtschaftlich rentables, ausvermietetes Areal, das internationales Renommee erlangte und bis dato mehr als 2,5 Millionen Besucher:innen durch neue Veranstaltungsformate angezogen hat.
Was Chris Müller ab dem Jahr 2012 mit der Entwicklung der Tabakfabrik Linz auf den Weg gebracht hat, gilt als internationales Best-Practice-Beispiel für die Transformation einer Industriebrache mit den zusätzlichen Herausforderungen der innerstädtischen Lage und des Denkmalschutzes.
Nach der Schließung der Zigarettenproduktion im Jahr 2009 von der Stadt Linz erworben, hat sich die ehemalige „Tschickbude“ in den vergangenen Jahren in einen Kreativ- und Bildungscampus, einen Hub für Innovation, IT, Digitalisierung und Start-ups verwandelt, der auch als Aushängeschild für die Revitalisierung denkmalgeschützter Architektur gilt. Mit Blockbustern wie den Ausstellungen „Tutanchamun“, „Titanic“, „Körperwelten“ oder „The mystery of Banksy“ öffnete sich das Areal für die Öffentlichkeit und lockte auch viele Besucher:innen aus ganz Österreich an. 2015 wurden die Veranstaltungsräume kurzfristig und mit Hilfe der Bevölkerung in eine wärmende Bleibe für Flüchtlinge umfunktioniert.
Wegen Umbau geöffnet – wegen Vollvermietung übergeben
Der Erfolg lässt sich auch mit Zahlen messen: In Kombination mit dem längst gestarteten Quadrill-Neubauprojekt werden 2025 rund 5.000 Menschen am Tabakfabrik-Areal Zugang zu einem Arbeitsplatz finden. 500 davon werden auch am Peter-Behrens-Platz wohnen. Aktuell haben rund 3.000 Personen aus 250 Organisationen, Firmen und Vereinen Zugang zu einem Arbeitsplatz in der voll vermieteten Tabakfabrik Linz, deren Entwicklungs- und Betriebsgesellschaft nun bereits Gewinne schreibt.
„Gründe für den geordneten und einvernehmlichen Abschied bereits zwei Jahre vor Ende meiner Vertragslaufzeit sind die erreichten Ziele in der Transformation des Areals, natürliche Innovationsdynamiken, persönliche Prinzipien und Privates sowie das Wissen um die eigene Vergänglichkeit und die daraus erwachsende Abenteuerlust“, sagt Chris Müller, der das Areal 2012 – zunächst in der Funktion als Zwischennutzungskoordinator – übernahm. „Wer Innovation ernst nimmt und die Tabakfabrik richtig versteht, wird weiterziehen und Funktionen übergeben, wenn die Zeit dafür gekommen ist.“
Einen Teil des Erfolgsrezepts für die Tabakfabrik sieht Chris Müller in der konsequenten Ausrichtung an einer diversen Ansiedlungsstrategie, die auf einer synergetischen Durchmischung fußt. Es wurden nicht zahlungskräftige Mieter:innen bevorzugt, sondern jene, die am besten passen.
Außerdem wurde in der Konzeption nicht nur auf aktuelle Trends reagiert, sondern das Areal nachhaltig ausgerichtet. Damit sind nicht nur die über 100 Bäume, die am Areal gepflanzt wurden, gemeint. Dank der Bildungsangebote der Kunstuniversität (Fashion & Technology, Creative Robotics und Tangible Music Lab), des Fadinger-Gymnasiums (Robotik und Digitalisierung), des Evangelischen Oberstufenrealgymnasiums ROSE (Digitaler Humanismus) und des VALIE EXPORT Center Linz werden in der Tabakfabrik die Fachkräfte von morgen ausgebildet.
Fokus auf Betrieb
284 Menschen arbeiteten zum Ende der Zigarettenproduktion in der Tabakfabrik Linz, bevor diese 2009 von JTI endgültig geschlossen wurde. Für die Stadtentwicklung von Linz war es daher wichtig, das Areal zurückzukaufen und wieder zu öffnen. Eine Kraftanstrengung, die sich gelohnt hat: „Es macht mich stolz, dass wir in Linz ein internationales Aushängeschild schaffen konnten, das Delegationen aus der ganzen Welt besuchen. Was hier geleistet wurde, ist enorm und so konnte früher als erwartet eine vollständige Vermietung erreicht werden. Wir haben wesentliche Schritte früher gemacht, wesentliche Hürden früher genommen als ursprünglich prognostiziert – trotz aller Herausforderungen wie Covid, Krieg und Flüchtlingskrise“, sagt Bürgermeister Klaus Luger, Aufsichtsratsvorsitzender der Tabakfabrik Linz.
Die Gesamtinvestition, die am Areal getätigt wurde, beläuft sich auf rund 250 Millionen Euro. Luger betont, zur richtigen Zeit die richtigen strategischen Entscheidungen getroffen zu haben. „Dazu zählt auch, Chris Müller für die Entwicklung engagiert zu haben. Er hat unermüdlich die Grundkonzeption der Tabakfabrik vorangetrieben und sie durch unterschiedliche Formate mit Leben erfüllt. Er hat essenzielle Vernetzungsarbeit zwischen Bildung, Industrie, Start-up-Szene sowie Kunst- und Kulturschaffenden geleistet. Für diese Anstrengungen im Dienst der Stadt Linz möchte ich mich sehr herzlich bedanken. Chris Müller übergibt nun ein ausvermietetes Areal, das wirtschaftlich erfolgreich positioniert wurde.“
Somit liege der Fokus nun verstärkt auf dem Betrieb des Areals, dem weiteren Ausbau der Angebote für Mieter:innen und Veranstalter:innen und auf dem Zusammenspiel mit dem Neubauprojekt Quadrill. „Ich wünsche Chris Müller für seinen persönlichen Weg alles erdenklich Gute!“
Zum 50er ein „neues Leben“
Mehrere Tausend Führungen hat Chris Müller über das Areal der Tabakfabrik Linz gemacht, Hunderte Vorträge gehalten und viele Learning Journeys konzipiert. „Nichts davon möchte ich missen“, sagt er resümierend. „Die vergangenen zehn Jahre gehören sicher zu den besten meines Lebens. Dafür danke ich allen voran meinem Team, den Mieter:innen, den Partner:innen in der Privatwirtschaft und der Stadt Linz, den Aufsichtsratsmitgliedern sowie Bürgermeister Klaus Luger.“
Im Sinne des Innovationszyklus – seines eigenen und dem der Tabakfabrik – müsse er weiterziehen. Deshalb schenkt sich Chris Müller zu seinem 50. Geburtstag Ende März 2023 ein „neues Leben“ – als Buchautor, Vortragender, Reisender, Familienvater und nicht zuletzt als Consultant und Unternehmer. So wird er sich auch verstärkt um sein Herzensprojekt ATMOS kümmern, das sich dem Thema gesundheitsförderlicher Luft verschrieben hat. Die Tabakfabrik wird er dabei nicht komplett verlassen und künftig als Evangelist und treibender Akteur im Netzwerk der GRAND GARAGE aktiv sein. Das von ihm und der DELTA gegründete „Department of Disruptive Disciplines“ ist Mitglied der Innovationswerkstatt GRAND GARAGE, wodurch Müller dem Areal treu und Teil des Innovationsnetzwerks bleibt. Ebenfalls mit der DELTA Gruppe – Spezialisten für Bau, Architektur und Nachhaltigkeit – und seiner Firma CMb.industries wird Müller sein Wissen in gesellschaftsrelevante Arbeit und sein Engagement für den Wiederaufbau der Ukraine einbringen, wofür bereits Gespräche mit Promprylad in Ivano-Frankivsk laufen.