Falk-Landinsel: Auf zu einer autofreien Tabakfabrik!

Sonaar

Mit 38.148 Quadratmetern Fläche ist der Innenhof der Tabakfabrik rund um das Kraftwerk (Peter-Behrens-Platz) eine Insel inmitten von Linz. Eingerahmt von den vier übrigen Gebäuden des Archtitekturjuwels bietet er Schutz vor dem Verkehrslärm der umliegenden Straßen und ist damit prädestiniert als Oase der Ruhe, als Stadtinsel („Falk-Landinsel“, angelehnt an die bis 2009 in Linz produzierte Zigarettenmarke „Falk“), die vom hektischen Alltagstreiben lediglich umspült wird.

Vor der Nutzung der Tabakfabrik als Kreativ-Areal von der Außenwelt abgeschottet, erfreut sich die „Falk-Landinsel“ heute als offener, demokratischer Raum großer Beliebtheit und ist Markplatz, Open-Air-Bühne und Treffpunkt. Um die Anziehungskraft dieser Insel weiter zu erhöhen, entsteht auf dem Peter-Behrens-Platz sukzessive eine Landschaft aus Terrassencafés, Shops und Ruhezonen – mit der „Piazza del Belmondo“ als pulsierendes Herzstück.

Zunehmender Autoverkehr und Parkplatzbedarf stehen dieser Idee einer Oase von Ruhe, Erholung und Zusammensein entgegen. Als neuer Linzer Hauptplatz der kreativen Industrie wird der Peter-Behrens-Platz daher nach vollständiger Besiedelung von Bau 1 im Idealfall so autofrei wie möglich sein – Anlieferungen und Ladetätigkeiten ausgenommen. Denn ein nicht von Straßenbahn oder Autoverkehr durchtrennter Raum eignet sich deutlich besser als Location für Großveranstaltungen und als Ort der Kontemplation und als sozialer Treffpunkt in einer ohnehin vom motorisierten Individualverkehr geplagten Stadt.

Luftaufnahme der Tabakfabrik. Foto: Stadt Linz / Pertlwieser

Die Autos nur ganz klein: Tabakfabrik aus der Luft. Foto: Stadt Linz / Pertlwieser

Hand in Hand mit dem Ausbau der kulturellen, sozialen und gastronomischen Infrastruktur geht auch die verkehrstechnische und logistische Erschließung der „Falk-Landinsel“. 2017 beginnen die Bauarbeiten für die Straßenbahnlinie 4, auf deren Strecke die Tabakfabrik an der Kreuzung Untere Donaulände und Gruberstraße eine unterirdische Station erhält und damit angebunden wird an eine öffentliche Verkehrsader, auf der sich jährlich neun Millionen Fahrgäste bewegen werden. Ab 2019 wird diese urbane Fähre das Leben auf der „Falk-Landinsel“ vollständig zur Entfaltung bringen. In Kombination mit einer Parkgarage und der logistischen Betreuung des Areals über die an der Rückseite der Magazine gelegene Feuergasse wird die „Falk-Landinsel“ bei gleichzeitiger Verbesserung der Erreichbarkeit zur möglichst autofreien Zone.

Wegen der Umbauarbeiten im Bau 1 hat die Tabakfabrik für ihre MieterInnen bereits Ersatzparkplätze angemietet und wird das auch weiter tun. Nach und nach soll dieselbe Zahl an Stellflächen wie am Peter-Behrens-Platz zur Verfügung stehen. Um das Umsteigen auf alternative Formen der Mobilität zu erleichtern, sind auf der „Falk-Landinsel“ in Zukunft Elektrotankstellen und Fahrradständer samt –reparaturstelle  angedacht. Außerdem soll Car-Sharing mittels einer eigenen TFL-Elektroauto-Flotte forciert werden. Die MieterInnen werden auch weiterhin Parkplätze für ihre Fahrzeuge zugeteilt bekommen. Wer allerdings weniger Stellflächen beansprucht, als ihm eigentlich zustehen, wird dafür belohnt werden.

VON Superblocks und RAD-HIGHWAYS

Internationale und nationale Beispiele beweisen, dass Städte auch oder gerade dann florieren, wenn der motorisierte Individualverkehr zurückgeht: Barcelona zum Beispiel setzt auf sogenannte Superblocks, auch um der Luftverschmutzung Herr zu werden. Superblocks sind verkehrsberuhigte Zonen mit einer Fläche von etwa 400 mal 400 Metern und umfassen zumeist neun Häuserblocks. Der Verkehr wird um diese Zone grundsätzlich herumgeleitet, Ausnahmen gibt es für Anrainer oder Anlieferungen – ansonsten gehören die Superblocks ganz den Fußgängern, Radfahrern oder herumtollenden Kindern.  Zusätzlich setzt Barcelona bei seiner Verkehrsreform auf ein besser getaktetes Bussystem und 300 Kilometer neue Radwege.

Ein Vorbild ist Kopenhagen. In Dänemarks Hauptstadt bewegen sich bereits zwei Drittel der Menschen mit dem Rad fort und bereits 45 Prozent der Einpendler nutzen dieses umweltfreundliche und kostengünstige Verkehrsmittel. Im deutschen Bamberg entsteht auf dem Areal der ehemaligen mechanischen Seilerwarenfabrik Schaeffler ein autofreies Stadtviertel (Schaeffler 2.0). Auf 50.000 Quadratmetern Fläche werden 600 Menschen lediglich 400 Meter vom Bamberger Zentrum entfernt wohnen können – und das ohne Verkehrslärm, denn das Areal ist autofrei, nur am Rande gibt es ein Parkhaus.  In der Wiener Mariahilfer Straße wurden Fußgänger und Radfahrer mittels Begegnungszone mit Autofahrern zumindest gleichberechtigt. Laut Positionspapier „Smart City Wien“ setzt die Bundeshauptstadt ab 2050 auf einen Mix aus Car-Sharing, E-Bikes zum Ausleihen und öffentlichen Verkehrsmitteln. Privatautos sollen dann  nicht mehr die Regel, sondern die Ausnahme sein.

Flächenkiller Auto

Wollen 50 Personen eine beliebige Strecke zurücklegen, benötigen sie in Bewegung zusammen zu Fuß eine Fläche von 50 Quadratmetern. Das geht aus Berechnungen des VCÖ hervor. Am Fahrrad brauchen 50 Personen 580 Quadratmeter, mit einem Bus 70 bzw. mit einer Straßenbahn 60 Quadratmeter (jeweils vollbesetzt) und mit durchschnittlich besetzten Pkw (rund 1,3 Personen) 2.375 Quadratmeter – also 40 Mal mehr als die Öffis und vier Mal so viel wie die Radfahrer. Von den deutlich höheren klima- und gesundheitsschädlichen Abgasen ganz abgesehen. Und auch vom öffentlichen Raum, den Autos zum Parken benötigen.

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Konzertbühne, Eventlocation, Gastro-Meile, Ort der Kontemplation, Begegnungszone – der Peter-Behrens-Platz darf alles sein und werden, nur kein Autofriedhof. Fotocredit: Tabakfabrik Linz

Links:

Schaeffler 2.0 in Bamberg: http://denkmalneu.com/objekte/schaeffler20

Autofreies Wohnen: http://www.autofrei.de/index.php/so-geht-autofrei/autofrei-wohnen/wo-gibt-es-autofreie-wohngebiete

Superblocks Barcelona: http://dradiowissen.de/beitrag/superblocks-in-barcelona

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